Musikbusiness speziell für Musiker erklärt. Nützliche Tipps zur Selbstvermarktung für Musiker.

»Tipps zur Finanzierung deines Musikprojektes«

Interview zwischen einem Musikredakteur und Nils Kolonko


Vorab-Info: Warum nenne ich weder den Namen des Musikredakteurs noch den seiner Zeitung?

  • 10. Juni 2013: Der Musikredakteur schreibt mir: "ich möchte für Zeitung XY [Unterbereich einer bekannten Tageszeitung] einen Text zur Frage Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es für Bands und Musikprojekte? [Frage leicht verändert] schreiben und hätte Sie gerne als Experten, der sich dazu äußert." Er bittet mich, sieben Fragen zu beantworten.
  • 11. Juni: Ich beantworte seine Fragen (Original-Wortlaute unten).
  • 12. Juni: Der Redakteur schreibt mir: "Besten Dank, Nils! Setze mich morgen/übermorgen dran."
  • 10. Juli: "Lieber Nils, danke noch mal für deine guten Antworten! Anbei nun, wie abgesprochen, mein Text. (…)"
  • 10 Juli: Mir gefällt der Artikel des Redakteurs nicht, weil er super-dünn ist und daraus nicht einmal hervorgeht, dass dem Artikel ein Interview zugrundeliegt. Nachdem der Redakteur die nötigen Änderungen vorgenommen hat, gebe ich den Artikel frei. Ich bitte ihn, das Original-Interview als weiterführende Information zu verlinken.
  • 23. Juli: Der Redakteur schreibt mir: "Hallo Nils, tut mir leid, aber mit dieser Lösung bin ich nicht einverstanden. Das wirkt dann so, als wäre das der Haupttext und der Beitrag auf [Zeitung XY].de lediglich eine Light-Variante. Ich möchte nicht, dass dieser Eindruck entsteht. Deshalb bitte ich dich, die Seite [er meint diese hier, die du gerade siehst] wieder zu löschen.
  • 25. Juli: Nach einem kurzen Hin- und Her lehne ich seine Vorschläge ab und verweise ihn darauf, dass es sich immerhin um a) meinen Text und b) meine Webseite handelt. Er stimmt zu, dass er mir selbstverständlich nicht untersagen kann, meinen Output auf meiner Webseite zu veröffentlichen. Das tue ich hiermit.
Mir erscheint das Vorgehen des Redakteurs ungeschickt. (Wenn er sich anders entschieden hätte, würde hier jetzt Werbung für ihn und seine Zeitung stehen.) Wenn er schon selbst bemerkt, dass er die "Light-Variante" bietet und die Original-Antworten aussehen wie "der Haupttext" (seine Worte), dann wäre die logische Konsequenz, folgendermaßen vorzugehen: "Danke, Nils, für die guten Antworten [so weit kam er immerhin] und dann kurze Einleitung schreiben, per copy / paste das Interview reinkopieren, Abmoderation, Link auf Bandologie, Hinweis darauf, wie cool seine Zeitung ist; fertig." Da dem Redakteur diese Variante nicht passte, kommen seine Leser nicht in den Genuss des "Haupttextes" … ihr als Bandologie.de-Besucher allerdings schon!

In diesem Sinne, viel Spaß mit meinen Interview-Antworten auf seine acht Fragen zum Thema Finanzierung eines Musikprojektes.


1. Musikredakteur (Zeitung XY): »Hallo Nils, vielen Dank für deine Zusage zum Gespräch mit Zeitung XY. Lass uns direkt einsteigen: Wie kriege ich als Band ein Endorsement?«

Nils Kolonko: »Hallo Musikredakteur, einen Endorsement-Vertrag kann man als Musiker machen, wenn man seinem Vertragspartner — typischerweise einem Musik-Equipment-Hersteller — genügend Öffentlichkeitswirkung im Gegenzug bieten kann. Die Sache ist ein Tauschgeschäft: Sobald der Equipment-Hersteller mehr Abverkäufe dadurch hat, dass du als Musiker sein Equipment nutzt, für seine Marke stehst und sein Equipment empfiehlst, lohnt es sich für ihn, dir Rabatte zu geben oder dir Equipment kostenlos zu überlassen.

Tipp: Wenn dich diese Art von Deal ernsthaft interessiert, schreibe oder rufe deinen Lieblingshersteller an und schau, ob ihr ins Geschäft kommt. Falls das noch nicht möglich ist, erfrage die Bedingungen dieses Herstellers und setze dir diesen Deal als eines deiner Ziele.«

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2. Musikredakteur (Zeitung XY): »Kann ich als Band Geld von Staat bekommen? Wenn ja: wie?«

Nils Kolonko: »Die meisten Förderungen laufen so, dass man entweder Vergünstigungen als Künstler erhält oder selbst Geld investiert, das dann aufgestockt wird. Tipp: Mit den Links www.foerderdatenbank.de, www.initiative-musik.de, www.kulturfoerderung.org und www.foerderband.org ist man für den Anfang gut bedient. Im neuen Bandologie-Buch, "Bandologie — 111 Marketing-Ideen für deine Band", behandle ich dieses Thema umfangreich, mit jeder Menge Details und Tipps. Das Buch ist bereits jetzt vorbestellbar: www.bandologie.de/111«

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3. Musikredakteur (Zeitung XY): » Was muss ich als Band für eine Bewerbung bei der Initiative Musik mitbringen?«

Nils Kolonko: »Im Idealfall sollte man Nachwuchs-Band oder ein in der Musikbranche tätiges Unternehmen aus Deutschland sein und Bandmitglieder oder Mitarbeiter mit Migrationshintergrund haben — das sind die Schwerpunkte dieser Förderung. Die Initiative Musik möchte die Verbreitung von deutscher Musik im Ausland stärken. Der Link ist ja bereits weiter oben genannt.«

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4. Musikredakteur (Zeitung XY): »Gibt es Kredite, die extra für Bands zur Verfügung stehen?«

Nils Kolonko: »Ich halte Kredite für das falsche Mittel, um eine Band nach vorn zu bringen. Eine kleine Anschub-Geldspritze hingegen, hat schon so mancher Band geholfen. Zum Beispiel wurde das erste Album der Band Kettcar mit einem Kredit von Reimer Bustorffs Mutter finanziert. So etwas kann sinnvoll sein. Als Band zu einer Bank zu gehen, würde ich nicht empfehlen.«

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5. Musikredakteur (Zeitung XY): »Welche Crowdfunding-Seiten sind für Bands empfehlenswert?«

Nils Kolonko: »Die meisten mir bekannten Bands nutzen momentan www.startnext.de. Hier muss man allerdings beachten: Nur, weil man — zum Beispiel durch Sympathie, einen großen Bekanntenkreis, ein ansprechendes Video, einen überzeugenden Hundeblick oder eine amüsante Aktion — einmalig 2.000, 5.000 oder 10.000 Euro ergattert hat und damit ein Album produzieren kann, bedeutet das noch nicht, dass die Band daraufhin bekannt wird. Als Plattenfirmen noch viel Geld für Bands ausgaben, sind Bands auch mit viel höheren Start-Investitionen gefloppt. Ein hohes Startkapital ist keineswegs eine Garantie dafür, dass aus der Band mehr wird, als aus einem Musiker, der sich mit seinem Laptop in eine Ecke setzt und mit viel weniger Geld ein geniales Album erstellt (wie zum Beispiel Konstantin Gropper / Get Well Soon). Beim Crowdfunding findet, zumindest im Musik-Bereich, häufig eher ein soziales Phänomen statt: Man verbrüdert sich mit den armen Musikern — wirklich haben will man das Album jedoch nicht; man hilft eher ein paar Freunden aus und genießt den eigenen Status als edler Spender.

Wir reden hier von einer Idee, die 1997 bei den Fans von Marillion aufkam. Damals wollten die Fans die Band erneut auf Tour sehen. Heute sind es meist die Bands, die wollen — und wenn zu viele das Gleiche wollen, führt das zu Aussortierung, wie man deutlich sieht: Im Crowdfunding-Bereich kommt nur für einen sehr kleinen Prozentsatz derer, die es versuchen, viel Geld zustande. Der große Rest macht sich viel Arbeit und erlebt viel Frust. Es handelt sich also nicht um ein Zaubermittel, sondern das Crowdfunding wurde längst von der Realität eingeholt. Interessant wird es, wenn man von dieser Finanzierungsform Varianten entwickelt. Weitere Informationen dazu findest du ebenfalls im neuen Bandologie-Buch.

Tipp: Wenn es unbedingt Crowdfunding sein muss, dann sollte man die Bedingungen der Anbieter sehr genau lesen. Insbesondere die Frage, ob das Geld in bar an die Fans zurückgezahlt wird, falls eine zum Ziel gesetzte Summe nicht erreicht wird, muss geklärt werden. Nach meinem Verständnis bietet es sich nicht an, einen Crowdfunding-Anbieter zu wählen, der Geld von Fans holt und es dann, bei Nicht-Erreichen einer festgelegten Summe, nicht zurückzahlt, sondern lediglich zum Umschichten auf andere Band-Projekte freigibt. Einer der bekanntesten Anbieter macht das so (wer die Bedingungen genau liest, findet schnell raus, welcher gemein(t) ist). Lest die Bedingungen und fragt im Zweifelsfall genau nach.

Tipp: Eine Möglichkeit, die häufig vergessen wird, ist, dass man ein Crowdfunding auch selbst organisieren kann: Konto eröffnen, eure Aktion erklären, Aufruf an die Fans starten — dann zu euren Bedingungen, unabhängig von einem externen Anbieter.«


6. Musikredakteur (Zeitung XY): »•Welche Beispiele von deutschen Bands, die erfolgreich Crowdfunding betrieben haben, fallen Ihnen ein?«

Nils Kolonko: »Einstürzende Neubauten (2002) (Link), CousCous (Link), We Butter The Bread With Butter (Link zur WebseiteLink zum Bandologie-Interview mit der Tourmanagerin der Band). Es gibt eine ganze Reihe, handelt sich jedoch immer um Ausnahmen. Wenn eine Band dann auch noch durch (oder während) des Crowdfundings erheblich bekannter wird, wie WBTBWB, dann ist das die Ausnahme unter den Ausnahmen.«

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7. Musikredakteur (Zeitung XY): »Welche Möglichkeiten gibt es noch (z.B. Stipendien, Kulturförderungen etc.)?«

Nils Kolonko: »Es gibt eine Menge von Möglichkeiten, die ganz klar Kultur fördern und begünstigen, die gern vergessen werden: Die Künstlersozialkasse erleichtert das Leben vieler Kulturschaffenden; unser Urheberrechtsgesetz als Grundlage für das bestehende Musik-Vergütungs-System, das durch unsere zwölf Verwertungsgesellschaften betrieben wird. Die Begünstigten sind unter anderem Komponisten, Textdicher und Verleger (GEMA) sowie ausübende Künstler, Labeltreibende und Veranstalter (GVL). Jugend- und Kulturzentren bieten häufig günstige Proberäume und Auftrittsmöglichkeiten — auch solche vergünstigten Bedingungen sind Kulturförderungen. Das wird häufig als selbstverständlich betrachtet. Universitäten bieten nicht nur Stipendien, sondern auch Gasthörerschaften für Interessierte Hörer. Dort können sich auch Musiker gratis oder sehr kostengünstig weiterbilden, zum Beispiel im Bereich Karrieremanagement. Diverse Orchester und Chöre sind staatlich gefördert oder voll staatlich finanziert. Selbst, wenn man nicht in einem solchen Ensemble spielt, kann man möglicherweise eine Zusammenarbeit ansteuern und so — wenn auch indirekt — in den Genuss dieser Förderungen kommen.«

•Ein abschließender Tipp: Was muss ich als Band besonders beachten, um Geld zu kriegen? Die Vorstellung vom "Geld-Kriegen" in der Musikbranche bereitet mir Unbehagen. Geld kann man sich verdienen und das kommt — frei nach HPZ — von "dienen". Besonders beachten muss man also, dass man für seine Mitmenschen einen Service (zum Beispiel Musik zu spielen) oder Produkte (zum Beispiel Musikprodukte wie Konzertkarten, Alben, Merch) erschafft, für die sie gern Geld ausgeben. Dann verdient man Geld. Wenn eine Band überregionale Erfolge haben soll und es sich nicht um eine Coverband handelt, dann gehören zum Musikmachen in der Regel auch Innovationen. Alles, was am Musikmarkt häufig gemacht wird — Rockpop oder Indie-Rock mit englischen Texten zum Beispiel — senkt die Chancen auf den eigenen Erfolg enorm. Das gilt auch für zu stark gehypte Finanzierungs-Trends, von denen wir gerade einen besprochen haben. ;) Sobald man am Markt selten ist, steigen die Chancen rapide. Zusammenfassend muss man beachten, dass man etwas Aufregendes in Spitzenqualität — und in der Regel auch Neuartiges, Innovatives — anbietet.«


Musikredakteur (Zeitung XY): »Danke für das Gespräch.«

Nils Kolonko: »Gern geschehen.«


(Das Gespräch fand natürlich per E-Mail statt. )

[Hier standen ein super-freundlicher Hinweis, Links und Dank an die Zeitung sowie den Redakteur. Die Gründe, weshalb diese Links und Namen entfallen sind oben genannt.]

Hang loose,
Nils Kolonko

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