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Doc Kolonko Archiv

Antwort auf Musiker-Frage: "Wie wird man als Songwriter/in erfolgreich?"

14. Mai 2010
Liebe Musiker bei MySpace,

die ausgewählte Frage, die ich momentan alle 14 Tage beantworte, kommt dieses Mal von einer Musikerin, die anonym bleiben möchte (und zwei weiteren Musikern) und lautet: "Wie wird man als Songwriter/in erfolgreich?"


Antwort von Doc Kolonko:

Hallo [Musikerin, die anonym bleiben möchte],

ich gehe deine Email Stück für Stück durch.

Am 13.05.2010 um 16:56 Uhr schrieb [Musikerin, die anonym bleiben möchte]:

Hallo Nils,

ich bin Komponistin/Songwriterin und möchte für andere Künstler arbeiten, wie gehe ich am besten da vor? ich bekomme gute Kritiken von Freunden und Bekannten und möchte die Ideen nicht in der Schublade versauern lassen, wäre dir dankbar für Infos.


[[ Ein anderer Musiker schrieb: ]]
wie kann man als songwriter im MusikBuiss erfolgreich werden? ich meine meine songs kennt man ja weil man sie hören kann aber wie verkauft man texte die keiner lesen darf bevor dafür kein geld da ist? is ja nich so das ich sie geschützt habe durch irgendwas nur weil ich ihn geschrieben habe.

[[ Ein dritter Musiker schrieb: ]]
Hallo Nils,
habe mir dein Buch schon vor einiger Zeit gekauft und mit großem Interesse gelesen. Es hat mir so gut gefallen, das ich 5 weiteren Bands das Buch weiter empfohlen habe. Nun geht es ja bei Bandologie ( wie der Name schon sagt ) hauptsächlich um Bands. Auch ich habe mehr als 30 Jahre Bühnenerfahrung in etlichen erolgreichen Bands gesamelt. Aus gesundheitlichen Gründen habe ich die Livemusik so gut wie an den Nagel gehängt. Seit ungefähr einem Jahr bin ich nun Songwriter. Habe inzwischen 3 Labels (xxxxx Records, xxxxxx Musik, xxxxxmusic) die meine Songs (deutscher Pop-Schlager) verwerten. Mehr als 15 Veröffentlichungen habe ich seit Februar 2009 erzielen können. Nun zu meiner Frage. Gibt es Anregungen und Verfahrensweisen von dir auch rein für Songwriter um noch erfolgreicher zu werden? Als Komponist habe ich ja wenig Einfluß darauf wer nun meine Songs singen soll. Diese Entscheidung trifft ja das Label. Welche Tips und Tricks gibt es für Leute wie mich. Ist vielleicht ein Buch von dir geplant, was dieses Thema aufgreift?

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Doc: Hallo [[Musiker, der anonym bleiben möchte]],

ich gehe erst deine Email Stück für Stück durch und sende dir dann die Antwort, die ich bereits zwei weiteren Songwritern in dieser Woche gesendet habe.

Zunächst zu deiner Email:

wie kann man als songwriter im MusikBuiss erfolgreich werden?

=> Siehe unten.

ich meine meine songs kennt man ja weil man sie hören kann aber wie verkauft man texte die keiner lesen darf bevor dafür kein geld da ist?

=> Das funktioniert – wenn – dann anders.

is ja nich so das ich sie geschützt habe durch irgendwas nur weil ich ihn geschrieben habe.

=> Lies dir mal meinen Blog-Eintrag zu dem Thema "Urheberrecht" durch, dann weißt du bescheid:
https://www.bandologie.de/doc_kolonko/08_wie_schuetze_ich_meine_urheberrechte.html

Hier die Antwort, die schon an zwei andere Songwriter ging:
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Doc: Hallo liebe [[Musikerin, die anonym bleiben möchte]],

die gleiche Frage hat mir in dieser Woche schon ein anderer Songwriter gesendet. Ich habe meine Antwort einfach hier hinein-kopiert:

Es gibt zu diesem Thema ein Buch, das ich dir empfehlen kann – das ist allerdings nicht von mir geschrieben, sondern von Jason Blume; hier:
www.bandologie.de/nuetzliche_links_fuer_musiker.php#jason-blume-6-steps-to-songwriting-success-buch

Dazu muss ich dir allerdings Folgendes sagen: Der Autor ist 1. Amerikaner (wesentlich größerer Markt), und 2. Hatte seinen Durchbruch mit dem ersten Album von Britney Spears (das ist viele, viele Jahre her ... seitdem hat die Branche starke Umsatz-Verluste erlitten).

Der Grund, warum es in absehbarer Zeit KEIN Buch von mir zu diesem Thema geben wird, ist, dass ich es für aussichtslos halte, als deutscher Songwriter (reiner Autor für Musik; außerhalb von Filmmusik etc.; ohne Produzententätigkeit oder Aktivität als Livemusiker) zu überleben.

Die Gründe im Detail:
1. Songwriter, die für andere Künstler schreiben, verkaufen weder Merchandising noch "Spezialprodukte" und erhalten in der Regel auch keine Live-Gagen (heutzutage Haupteinnahmequelle der meisten Musiker).
2. Der deutsche Tonträger(!)-markt ist sozusagen 'am Ende'. Im Bereich 'Tonträger' bewegt sich nur noch bei wenigen Top-Musik-Acts genügend Geld, dass ein "Songwriter" davon leben könnte. Der Musik(!)-markt (inklusive Live-Musik und Merchandising) läuft noch vergleichsweise gut.
3. Die deutsche Radio- und Musikfernsehlandschaft ist sozusagen ebenfalls 'am Ende'. Nahezu keine Musiksendungen mehr im Fernsehen; die Radios spielen seit gefühlten 100 Jahren Phil Collins und Tina Turner ... "aktuelle Radiohits", die richtig viele Einsätze auf diversen, größeren Sendern haben, sind selten geworden. Dort werden in der Regel etablierte Musikacts gespielt und bei den meisten Sendern nur gelegentlich neue Titel – meist ebenfalls von etablierten Acts – in das Programm eingestreut. Selbst, wenn man einen kleinen bis mittelgroßen "Radiohit" landen würde, wäre ich mir nicht zu sicher, dass dabei noch relevante Geldmengen (genügend zum Leben) fließen. Es gibt zwar noch die Airplay-Charts, aber die Geldmenge dahinter ist vergleichsweise klein. Da bräuchte man schon richtig viele Einsätze auf diversen größeren Sendern und am besten eine ganze Reihe von 'Treffern' (Hits), um damit als Songschreiber genügend Geld zum Leben zu verdienen.
Zur Situation im Internet ("Bezahlung von Plays bei Last.fm", "iTunes" etc.) gibt es hier mehr Infos: www.bandologie.de/index.php/bandologie-neuigkeiten/131-warum-im-bandologie-buch-nichts-ueber-digitalvertriebe-steht
3a. Bei der GEMA erhalten ungefähr 5 bis maximal 10% der Mitglieder 'relevante Geldsummen'. Das sind meistens etablierte Schreiber, die seit Jahrzehnten in der Branche sind. Der Rest fast ausschließlich "Newcomer, die zeitgleich Mitglied einer erfolgreichen (Live-)Band sind. ... Oder "Prodzenten, die nebenbei schreiben".
4. Daraus folgt: Als deutscher Song-Autor von Lizenzen und GEMA-Gebühren zu leben ist meiner Einschätzung nach fast unmöglich. Nur eine Handvoll Leute können das momentan. Dabei handelt es sich um bereits etablierte Autoren, die den Markt vollständig abdecken; ... ja, sogar bereits überfüllen.
(Wie bei jeder Aussage, die "in der Regel" zutrifft, gibt es hier sicherlich das eine oder andere Gegenbeispiel ... das sind aber absolute Ausnahmefälle ... und ich kenne kein einziges, solches Gegenbeispiel aus den letzten 15 Jahren.)
5. Der Markt für Songwriting ist sehr klein und zudem noch rückläufig. Umsatzstarke Künstler aus Deutschland (an denen man als Schreiber gutes, relevantes Geld verdienen kann), die fremde Songs singen, kannst du an einer Hand abzählen ... und alle diese Künstler sind bereits mehr als versorgt. Viele Künstler bringen heute nur noch so wenige Tonträger-Umsätze, dass eine Beteiligung (GEMA oder Lizenzen) daran kaum über ein 'nettes Taschengeld' hinausgeht.
6. Es ist vernünftig "winning teams" NICHT zu verändern. Die Songschreiber für Tokio Hotel, Sarah Connor und Silbermond werden in den nächsten Jahren – ... wenn die Bands klug sind (und das sind sie) – tendenziell die gleichen bleiben. (Ich kenne natürlich nicht alle Details der Produktions-Prozesse dieser Bands, aber es wäre nur logisch, wenn sie ihre 'Hit-Schreiber' beibehalten.)
7. Fast alle erfolgreichen, deutschen Künstler schreiben ihre Songs selbst. Nur die wenigsten nehmen Fremdmaterial. Beispielsweise bei Revolverheld, Wir sind Helden, Die Happy, Mia, Kettcar, Tomte, Maffay, Grönemeyer und dergleichen braucht man natürlich (ebenfalls: in der Regel ;)) gar nicht erst Songs anbieten.
7a. Zudem gibt es noch eine Reihe von Musik-Acts, die zwar mal erfolgreich waren, vielleicht auch Songs suchen, regelmäßig neue Veröffentlichungen herausbringen und seit Jahren nach einem Folge-Hit suchen ... – wer so etwas zuverlässig liefern kann und einen solchen Künstler mit seinen Schreiber-Qualitäten auf dem aktuellen Musikmarkt wieder an die Spitze der Charts und in ausverkaufte Hallen bringen kann: nur zu! ... Da sollte man sich allerdings meiner Meinung nach 'warm anziehen' und sich nicht überschätzen, wenn man noch nie einen Hit geschrieben hat, denn:
7b. Die Schreiber, die mal die Original-Hits geschrieben haben, sind häufig auch heute noch aktiv und handwerklich häufig hervorragend. Beispielsweise habe ich vor ca. 3 Jahren den Sänger, Hit-Schreiber und Hit-Produzenten, Michael Holm, in Berlin getroffen. Der war top-fit, hatte sehr viel Power (wesentlich mehr als viele Leute, die gerade mal halb so alt sind wie er), war in bester Laune und bis in die Zehenspitzen motiviert. Ich würde wetten, dass der noch so manchen 'Jung-Schreiberling' locker qualitativ übertrifft. Seine New Age-Band, Cusco, war zwei Mal für den Grammy nominiert, er hat etliche Hits geschrieben, mitgeschrieben und produziert. Damit will ich sagen: die Fähigkeiten eines solchen Mannes oder Ähnliches sollte man erstmal mitbringen können, um sich als neuer Schreiber etablieren zu können. ... Vieles, was ich bei MySpace höre, von Leuten, die sich "Schreiber" nennen, reicht da häufig bei Weitem nicht ran. Geschweige denn an die heutigen Maßstäbe, die produktionstechnisch wesentlich höher liegen. – Also: Es gibt natürlich immer Möglichkeiten ... aber gerade in diesem Bereich, "Songwriter für andere Künstler", sieht es nach meinem Verständnis heutzutage finanziell wirklich bitter-böse aus und 'die Latte' liegt extrem hoch.
8. Auf diesem Markt (speziell im Bereich "wir suchen einen Hit"-Acts und -Manager) gibt es eine Unmenge von Spinnern, die mit zweitklassigen Acts auf Dorffesten herum-gurken und "Newcomer-Autoren" (jemandem, der bisher keinen großen Hit hatte) ungeheure Schreiber-Qualitäten abverlangen, während der Act selbst den Song überhaupt nicht vernünftig vermarkten kann.

9. Daraus folgt, nach meinem Verständnis: Die einzige, realistische Möglichkeit, als deutscher Musiker auf dem aktuellen Musikmarkt etwas zu erreichen ist, eine VOLLSTÄNDIG AUFGESTELLTE BAND, inklusive LIVE-PROGRAMM und entsprechender PRODUKTE zu betreiben. Alles Andere habe ich bisher in den letzten Jahren ausschließlich als 'Flop' erlebt!
- -

Aus diesen Gründen würde ich – ... bin selbst ehemaliger Songschreiber – auf jeden Fall in den nächsten Jahren die Finger von diesem mühsamen Markt lassen. Es gibt so viele Dinge, die man tun kann. ... Mit "Songwriting" allein – das beobachte ich immer wieder – kommt man keinen Millimeter weit. Relevante Geld-Einnahmen (mehr als ein paar hundert Euro pro Monat) zu erzielen, erscheint mir als deutscher Autor bei der aktuellen Situation nahezu unmöglich.

Die Situation verändert sich etwas, wenn man zusätzlich noch als Produzent arbeitet, also, wenn man fertig produzierte (Top-)Songs anbieten kann, die bereits professionell eingesungen sind und bei denen nur noch ein anderer Profi – der möglicherweise sogar schlechter ist als der Studiosänger, der das Layout gemacht hat – die Gesangsspur austauscht. Zudem gibt es natürlich die Möglichkeit als Produzent einen Pop-Act im Sinne einer Marke aufzubauen und entsprechende Sänger / Performer dafür zu casten, wie es beispielsweise der Erfolgsproduzent Udo Niebergall mit Captain Jack getan hat. (Zu diesem Fall bitte beachten, wie viele Jahre es her ist, dass dieser Act sich etablieren konnte.)

SOLCHE Produktionen (aber erneut: FERTIGE, Tip-Top-Produktionen der ersten Güteklasse ... besser als das Zeug, das im Radio läuft), kann man über einen persönlichen Kontaktaufbau zu Künstlern und Managern möglicherweise auch als 'Neuer in der Branche' noch lizensieren. – ... Wie viel Geld dabei hängen bleibt, gemessen an der Arbeit die rein geht ... und ob man davon leben kann ... ist trotzdem fraglich.

Also: Nach meinem Verständnis – ... und das ist im Bezug auf den aktuellen Musikmarkt ziemlich umfangreich und tiefgreifend – sollte man die Illusion, man könne von "Songwriting" allein leben, schnellstmöglich abschließen beziehungsweise sich von dieser Vorstellung trennen. Das einzig Sinnvolle, womit man eine realistische Chance auf Erfolg hat, ist meiner Meinung nach, einen "Act" als Gesamtheit aufzustellen (das bedeutet: Songs + Texte + Produktionen + Sänger + Live-Performance / Style + Musikprodukte + Merchandising + Verkaufs-Möglichkeiten wie Webseite, Live-Auftritte und dergleichen). Das ist dementsprechend mehr Aufwand und du brauchst eine Vielzahl von Fähigkeiten außerhalb des Songwritings ... führt allerdings erfahrungsgemäß auch häufiger zum Erfolg im Musikgeschäft.

Falls jemand irgendein aktuelles Gegenbeispiel weiß (Songschreiber aus Deutschland, der sich in den letzten Jahren etabliert hat, nicht in einer Live-Band ist und kein Produzent, aber von seinen Songs lebt), lasst es mich sehr, sehr gern wissen! (Ich würde dann hier eine Ergänzung schreiben und einen solchen, aktuellen Ausnahmefall schildern.)

Mir sind aus den letzten Jahren ausschließlich erfolgreiche Musiker bekannt, die sowohl geschrieben haben ALS AUCH in einer Live-Band als Performer waren ALS AUCH (häufig) sich selbst vollständig produziert und sich zudem noch selbstständig vermarktet haben. (DAVON handelt das Bandologie-Buch ... von einem (künstlerisch und kaufmännisch) "vollständig aufgestellten Act")

Also: Gegenbeispiele sind gern willkommen. Nach meinen Beobachtungen allerdings, sieht es in dieser Richtung momentan absolut bitter aus. Mein persönlicher Tipp: NICHT machen! Etwas Anderes ausdenken!

=> Wenn du noch eine speziellere Frage hast, melde dich.

Herzliche Grüße
Nils



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