
Der Umsatz des Tonträgermarktes in Deutschland beträgt 1,575 Milliarden Euro (Quelle: Bundesverband Musikindustrie, Geschäftsbericht 2008, www.musikindustrie.de)
Anteil nationaler Produktionen: 36,3 Prozent. Das bedeutet, nur gut ein Drittel dieses Jahresumsatzes wird durch Musik aus Deutschland gemacht. Der Rest sind 39,4 Prozent internationale Produktionen, 21,3 Compilations und 3,0 Prozent Soundtracks.
Aus diesen zwei Zahlen kann man kinderleicht errechnen: 36,3 Prozent von 1,575 Milliarden Euro sind 572 Millionen Euro. Klingt erstmal nach viel Geld, richtig? Aber Moment ...
Allein bei MySpace BandRadar, Deutschlands größter Musiker-Community, gibt es momentan über 445.000 Musiker und Bands.
Rechnen wir daher mal spasseshalber, was passieren WÜRDE, wenn jede dieser Bands am Umsatz des Tonträgermarktes beteiligt wäre (also, als wenn alle einen Plattenvertrag hätten). Das wären dann: 572.000.000 Euro geteilt durch 445.000 Bands, macht 1.285 Euro Umsatz pro Jahr pro Band. Jetzt sind wir mal freundlich und nehmen an, jede Band würde volle 15% der Tonträgerverkäufe von der Plattenfirma erhalten. Das wären dann pro Band Einnahmen pro Jahr von 192,81 Euro. Geteilt durch 12 Monate, 16,07 Euro pro Band pro Monat. Abzüglich Proberaum-Miete, Equipment, Bezinkosten und nach Steuern ... okay, belassen wir es dabei! Das Geld wäre bei jeder Band weg!
Diese Rechnung diente der Verdeutlichung. Jetzt mal zurück in Richtung Realität! Wieder angenommen, jetzt wesentlich realistischer, nur 1 Prozent aller Bands hätten einen Plattenvertrag und wären an diesen Umsätzen beteiligt: Das bedeutet konkret 572.000.000 Euro geteilt durch 4.450 Bands führt zu 128.539 Euro pro Band pro Jahr. "Juchu", werdet ihr jetzt denken, "über 100.000 Euro pro Jahr pro Band!" ... aber Moment ... das ist der Umsatz. Wir sind wieder freundlich und unterstellen, dass 15 Prozent der Tonträger-Umsätze als Einnahmen bei den Musikern ankommen. Das führt zu 19.281 Euro pro Band pro Jahr. Geteilt durch 12 Monate sind das 1.607 Euro. Abzüglich Equipment-Kosten, geteilt durch mehrere Bandmitglieder, abzüglich Steuern ... – auch davon würde nicht viel Geld übrig bleiben!
Überzeugende Argumente, warum man mit eurer Band oder eurem Musikprojekt in absehbarer Zeit viel Geld verdienen kann. Der beste Beweis dafür sind Umsatzzahlen.
Wenn ihr das nicht liefern könnt, solltet ihr nach meinem Verständnis mindestens einen Video-Mitschnitt eines Live-Konzertes liefern, auf dem man ganz klar sieht, dass ihr als Band Massen begeistern könnt. ... Erneut: Am überzeugendsten wären hier Videobilder eures prall gefüllten Merchandising-Standes, wie er gerade leer gekauft wird. Bei so etwas natürlich direkt die Umsatzzahlen beilegen.
Alles in allem würde ich mich – wenn ich noch mal zwanzig wäre und eine Band hätte – NICHT schriftlich bei einer Plattenfirma bewerben, sondern würde zunächst mal dafür sorgen, dass die Band ein Publikum begeistern kann (und daraus auch klare Ansätze für 'Geldfluss' erkennbar sind). Dann würde ich die Band, eine Angebotspalette und eine Fangemeinde soweit es geht selbst aufbauen und DANN beginnen mit Plattenfirmen persönlich zu sprechen. – ... Als Alternative zu einem Plattendeal würde ich mir immer offenhalten, ein eigenes Label zu gründen. Ich würde auf die Verhandlungssituation "Win-win or no deal" hinarbeiten, bevor ich in die Verhandlungen einsteige. Kurzum: "Wenn die Plattenfirma nicht will, dann können wir's auch selber oder mit anderen Partnern machen", war in den meisten Fällen die Verhandlungsbasis von Musikern, die einige Jahre später und dauerhaft sehr erfolgreich geworden sind.
Wenn ihr auch das nicht liefern könnt oder etwas Vergleichbares, wird es sehr schwer. Es lohnt sich dann eigentlich kaum, eine professionelle Plattenfirma mit eurem Material zu versorgen. Das kostet euch nur Geld und die Firma Zeit.