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Daren Taylor, Noah Harmon, Anna Bulbrook, Steven Chen, Mikel Jollett

The Airborne Toxic Event

"So etablierten wir unsere Newcomerband im internationalen Musikbusiness und verkauften 300.000 Exemplare unseres Debütalbums!"

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01. Februar 2011, "White Trash", Berlin

Nils Kolonko: Herzlich willkommen bei Bandologie, The Airborne Toxic Event. Ich möchte mich kurz vorstellen; sehr kurz dieses Mal (Anmerkung: wir hatten die Aufnahme aus technischen Gründen ein zweites Mal gestartet) … und auch eure Band, ebenfalls schnell. Ich bin Nils Kolonko und ich habe ein Buch für Musiker geschrieben, das Tipps und Tricks für das Musikbusiness enthält. (Es geht darum), wie man seine Band im Musikbusiness etabliert. Das ist Noah, Bassist von The Airborne Toxic Event; Mikel Jollett (Sänger) von The Airborne Toxic Event. Du (Mikel) hast die Band im Jahr 2006 gegründet und dann ein Team aus Musikern aufgebaut. Euer Debüt-Album wurde im Jahr 2008 veröffentlicht. Nachdem ihr ungefähr 300 Gigs lang getourt seid, habt ihr eine ausverkaufte Show in der Walt Disney Concert Hall gespielt. Auf dem Weg dorthin habt ihr Lollapalooza (eins der größten Festivals der USA) und eine Menge anderer Gigs gespielt. Und es wurde ein Dokumentarfilm über eure Band, direkt nach eurem Debütalbum, gedreht. Bald kommt euer zweites Album … oh, ich habe noch was vergessen: Ihr habt ungefähr 300.000 Kopien eures Debütalbums verkauft, was „ziemlich gut“ für ein Debüt ist. Also, fangen wir mit der ersten Frage an: Im Sommer 2006 hast du (Mikel) The Airborne Toxic Event gegründet. Du hast ein großartiges, musikalisches Team, sowie Partnerschaften zu eurem Management und eurem Label, aufgebaut. Wie findest und wählst du die richtigen Leute für eine Zusammenarbeit aus? Zum Beispiel: Wie habt ihr euren Manager, Pete Galli, kennengelernt und nach welchen Kriterien habt ihr ihn als euren Manager ausgewählt?

Mikel Jollett: Er ist ein „hustler“ (ungefähr zu übersetzen mit: ein Macher-Typ mit viel Power, der sich voll reinkniet und dergleichen). Unser Manager legt sich wirklich ins Zeug. Er versteht, dass es sein Job ist, Möglichkeiten für die Band zu erschaffen. Er ist ein junger Typ. Weißt du, wir hatten vorher mit ein paar Leuten zu tun, die waren so wie …

Noah Harmon: Old school Musik-Leute.

Mikel: Und die waren so drauf, nach dem Motto, mit einer dicken Zigarre (in der Hand): „Hey Kid, ich werde dich zum Star machen. Passt auf, was wir machen werden. Wir bringen euch (erst mal) zu American Bandstand.“ (Eine alte Varieté Show mit Soft-Pop-Stars, die von Dick Clark Productions, 1964–1989, produziert wurde. / Noah und Mikel amüsieren sich)

Nils: Wie habt ihr ihn gefunden?

Mikel: Eine Menge Manager kamen auf uns zu. Davor hatten wir ungefähr drei Wochen lang mit dem Manager von Coldplay zu tun, aber das war einfach nicht das Richtige für uns. Das war so ein großes, glamouröses (Original: „bright“) Management, so in der Art. Unser Manager ist ein junger Typ, der hat Kampfgeist, ist ein hungriger Typ und sehr clever. Wir mochten ihn einfach. Als wir uns getroffen haben war er sehr ambitioniert, aber er ist auch extrem detailgenau im normalen Tagegeschäft. Und wir hatten das Gefühl, dass das mehr Sinn machte, als wenn wir jetzt sozusagen mit einem „Mister Big Business Guy“ umherziehen.

Noah: … Und Pete ist so ein Typ, der seine eigene Management-Company gegründet hat, bevor er … naja, er arbeitet in mehreren Bereichen … also, er ist so eine Art self-made Mann.

Mikel: Yeah, das ist er.

Nils: Ich wollte gerade „self-made guy“ sagen. Also habt ihr ihn nach Sympathie ausgesucht und …

Mikel: Nein, nicht nach Sympathie. Er ist einfach ein „hustler“. Wir hatten das Gefühl, dass er der Richtige … naja, zusätzlich mochten wir ihn auch.

Noah: Er ist ein guter Typ.

Nils: OK, also, ihr habt herausgefunden, dass er so ein self-made Typ ist, sehr detailgenau ist und so weiter.

Mikel: Absolut, ja.

Nils: Kurz nachdem die Band gegründet wurde, im Dezember 2006, wählte euch das Rolling Stone Magazine zu einer der 25 Top-Bands bei MySpace. Auf welche Art und Weise habt ihr zu dieser Zeit eure Musik bei MySpace präsentiert?

Mikel: Das ist witzig, denn ich schätze mal, da sind jetzt gerade noch 25 Bands bei MySpace.

Noah: Yeah, da waren mal tonnenweise Bands, aber jetzt ist das so, wie …

Mikel: Eine abgewanderte Zivilisation.

Noah: Jetzt sind da so in etwa noch wir und noch zehn andere Leute. (Mikel, Noah und Nils amüsieren sich). … Echt traurig.

Mikel: Aber zu der Zeit damals waren es noch echt viele. Da war so ein Wettbewerb, bei dem wir mitgemacht haben, da haben wir so einen Link eingesendet. Ich glaube, die hatten gerade wenig Nachrichten (Original: „Slow news week“) beim Rolling Stone.

Noah: Es war die Woche um Weihnachten herum.

Nils: Ah, also war es ein Wettbewerb. Es wurde nicht von den Leuten bei … also, es wurde natürlich schon von den Leuten beim Rolling Stone ausgewählt, aber nicht nach dem Zufallsprinzip unter allen MySpace Bands, sondern nur unter den Bands, die dort einen Link eingesendet hatten.

Mikel: Ich glaube, so ca. 100.000 Bands haben einen Link eingesandt.

Nils: Oh …

Noah: Es war eine redaktionelle Entscheidung auf deren Seite.

Nils: Ja, aber zwischen 100.000 Bands. Also, wie habt ihr zu dieser Zeit eure Musik präsentiert?

Mikel: Wir haben sie einfach aufgenommen und rausgeschickt. Ich glaube, der Hintergrund deiner Frage ist, wie wir die ganze Sache sozusagen gespielt haben (Original: „sort of game it“) und das haben wir nicht wirklich. Weißt du, es gibt eine Menge Regeln, denen man angeblich folgen sollte, aber letztendlich musst du einfach dein ganzes Herzblut in einen Song legen. Und wenn du dein ganzes Herzblut in einen Song legst, dann gilt keine dieser Regeln. Ich denke, das ist eine Sache dessen, das die Leute den Unterschied erkennen, man kann es hören. Ich kann dir nicht sagen, warum das der Fall ist … weißt du, was ich meine?

Nils: Verstehe.

Mikel: Ich denke, die haben einen Song gehört und fanden ihn einfach sehr gut.

Nils: Also hattet ihr keine speziellen Präsentations-Elemente, Videos oder Grafiken … nur die Musik?

Noah: Nein.

Mikel: Nein. Das war einfach nur ein Song, den ich geschrieben hatte …

Noah: … Und Mikel hatte übrigens die meisten der Songs … nein, alle der Songs … hattest du zu der Zeit bereits zuhause, hundertprozentig mit einer Gitarre auf deinem Laptop aufgenommen. (Er meint offenbar die Original-Gitarrenspuren, die später auch im Studio verwendet wurden.)

Nils: Ich verstehe (Exkurs: Liebe Bandologen, viele Songwriter und Musiker stellen mir immer wieder Fragen zu diesem Thema, ‚Wie finde ich eine geile Band, die besten Musiker der Stadt, die dann meine Songs mit mir aufnehmen?‘ Hier war gerade die Antwort für euch. Und achtet bitte auf die Details in den Formulierungen … „100 percent“ hat er gesagt. Nicht etwa ‚mal so in etwa aufgenommen‘, sondern die Gitarren und der Gesang waren bereits hundertprozentig aufgenommen. Wobei der Gesang später sicherlich noch einmal im Studio neu aufgenommen wurde. Mit einer solchen Vorarbeit findet man dann auch Top-Musiker, wenn die Songs entsprechend viel hermachen.)

Mikel: Das waren einfach Homerecordings.

Nils: Das ist ziemlich wichtig für Newcomermusiker zu wissen. Du hast alle Songs auf deinem Laptop in ziemlich endgültigen Versionen mit einer Gitarre aufgenommen, richtig?

Mikel: Ja. Da war eine Menge Zeug (eine Menge Songs). Ich meine, wir haben dann zwar Studios genutzt, um die Drums aufzunehmen, aber das war nur ein Demo, das dann unsere EP wurde. Ich weiß sowieso nicht, ob man im Jahr 2011 noch dickes Geld für ein Studio bezahlen sollte. Das macht für mich einfach keinen Sinn. Ich meine, vielleicht kriegst du noch 10 Prozent besseren Sound aus den Drums raus; das ist es so in etwa.

Noah: Ja …

Mikel: Und wenn du Zugriff auf gute Gitarren und gute Synthesizers hast, dann ist das natürlich auch gut / hilfreich.

Noah: Ja, das macht eine Menge aus.

Mikel: Andernfalls, ist das nun auch nicht so immens wichtig.

Noah: Ich denke, die Leute vergessen häufig, dass ein tolles Studio einen auch nicht dazu befähigt besser zu spielen und auch die Songs werden dadurch nicht besser …

Mikel: Ja, das ist schon irre (wie viele Leute das denken). (Original: „Yeah, it‘s stupid“)

Noah: … was wirklich das Allerwichtigste ist.

Mikel: Es ist Geldverschwendung.

Noah: Ja, ist es.

Nils: Ja, meiner Meinung nach habt ihr euch bei eurem ersten Album sozusagen eines Tricks bedient, … es war nicht wirklich ein Trick, aber ihr habt das ganze Zeug live aufgenommen. (Die Band nutzte analoges Equipment. Mit „Live-Aufnahmen“ ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass die eingespielten Spuren selbst nahezu keine Schnitte enthielten, sondern die Instrumente und der Gesang in einem Stück aufgenommen wurden.) Das setzte euch unter den Druck … vielleicht … (könnt ihr das mal erklären) …

Mikel: Richtig, wir haben Live-Aufnahmen für unser erstes Album gemacht. Einiges davon kam einfach aufgrund der Umstände so zusammen. (Beispielsweise:) Wir hatten nur eine Stunde zum Aufnehmen im Studio oder von dem wir uns Sachen geliehen hatten oder was auch immer. Also haben wir eine Stunde gemacht und einen Take und das wurde dann das, was auf dem Album ist.

Noah: Yeah.

Nils: Aber offensichtlich war das gut.

Mikel: Ja, wir hatten schon eine ganze Weile live gespielt, wir sind hauptsächlich eine Live-Band und wollten im Studio festhalten was wir live machen. Deshalb: „Steck die Stecker rein, sind die Mikros an? Gut, Start, OK.“ Und nochmal: Wenn du einen guten Song oder ein gutes Arrangement komponiert hast, das die Sache für die Leute lebendig macht, dann brauchst du nicht so viel Tamm-Tamm (Original: „Bells and whistles“). Spiel einfach deinen Song.

Nils: Meiner Meinung nach war das ziemlich clever von euch, weil euch das von tausenden, anderer Bands abhob, die stundenlang im Pro Tools herumschnibbeln und so weiter. Das bedeutet, euer Sound unterscheidet sich wahrscheinlich …

Mikel: Schludriger … (Original: „sloppier“)

Nils: … und klingt somit gewissermaßen nach den 70ern, weil ihr es live aufgenommen habt.

Mikel: Yeah … naja, ich glaube er (der Sound) ist einfach schludriger.

Noah: Ich meine, wir hätten sicherlich viel Pro Tools benutzt, wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten. Aber es war nicht so nach dem Motto … es war das, was sich gut anhörte. Wir kommen aus einer (gedanklichen) Gegend, wo es heißt: „Wenn es sich gut anhört, dann musst du es nicht noch mal mit einer Vintage-Gitarre aufnehmen, oder aus einem speziellen Verstärker heraus oder sowas. Wenn es so kommt, dass es eine zerbrochene Gitarre mit einer fehlenden Saite ist, und man nimmt die auf und sie klingt gut … es gibt kein Regelbuch, das besagt, das man die neu aufnehmen müsste, wenn man dann im Studio angekommen ist.

Mikel: Ja, das wäre blödsinnig …

Noah: Wenn es geil klingt, dann klingt es nunmal geil.

Mikel: Es gibt Leute, die sind eigentlich wirklich klug, aber die verstehen das nicht. Das ist echt eigenartig.

Noah: Ja, das ist sehr eigenartig.

Mikel: Die gehen dann so ab, nach dem Motto: „Wenn du einen dicken Sound haben willst, dann brauchst du eine 1976 Fender Strat. Die musst du durch eine 8x10er (Zoll Lautsprecherbox) anschließen und durch ein AC-30 Topteil ziehen (ein Gitarren-Topteil der Firma Vox, auf das einige Musiker schwören), an dem man noch (irgendwelche Modifikationen vorgenommen hat) …

Nils: Ja, die ganzen technische Diskussionen …

Mikel: … und dann denkt man sich so: „Alter, spiel einfach den verdammten Akkord.“

Noah: … Das ist (irgend)eine Gitarre aus einem Amp heraus und die klingt wirklich gut. Können wir die jetzt klingen lassen wie …

Nils: Hat dein klassischer Hintergrund, (ich meine) dein Jazz-Background auf dem Bass (Noah hat Musik, speziell Kontrabass, studiert) diese Entscheidung beeinflusst?

Noah: Naja, wahrscheinlich unterbewusst, bei mir persönlich. Mikel ruft mich gern für alle möglichen Dinge auf den Plan (Original: „puts me on the spot“), aber das macht er mit jedem. Es geht immer darum: „Welches Limit können wir hier gerade erweitern?“, ob es nun um Arrangements im Bezug auf die ganze Band geht, oder wie man einen bestimmten Teil im Song spielt oder was für eine Art von Song-Teil man spielen könnte. Und ich denke, es ist echt wichtig, dass man jemanden hat, der sagt: „Okay, also, das ist jetzt schwierig. Okay, na dann lass es das Ganze noch schwieriger machen und dann machen wir es.“

Mikel: Ja, aber das Geile ist dann, Noah kann das machen. Du kannst ihm zum Beispiel, während er mitten im Song ist, zurufen: „Okay, spiel das mal doubletime. OK, mach es mal irgendwie indisch. OK, nun etwas mehr Hammering dazu. OK. OK, und jetzt nimm alles was du machst und mach es drei Mal so schnell. Und er dann so … (kriegt das alles hin)

Noah: … Und rückwärts. Und dann wechsle noch die Tonart.

Mikel: Und er dann so … würde das einfach hinkriegen, weil er ein echt geiler Musiker ist.

Noah: Ja, das läuft schon so, aber dazu sollte man auch erwähnen: es ist eine wichtige Sache, nicht nur sich selbst zu pushen, sondern auch seine Bandkollegen. Und das funktioniert bei uns wirklich gut.

Nils: Ich ziehe mal eine Frage vor, die erst später kommen sollte. Du (Mikel) hast vom Erweitern von Grenzen (Original: „pushing the boundaries“) gesprochen und gesagt, dass du bestimmte Fähigkeiten erreichen kannst, von denen du nie dachtest, dass du sie hättest. Kommt das durch deinen eigenen Antrieb oder durch Forderungen von außen, oder wie machst du …

Mikel: Ja. Ich meine, du kannst der beste Apfelkuchenbäcker der Welt werden, wenn du jeden Tag einen Apfelkuchen backst. Weißt du, was ich damit meine? Du musst einfach nur die Entscheidung treffen, das auch zu machen, welche Mittel dir auch immer gerade zur Verfügung stehen. Für einige Leute bedeutet das 10 Stunden am Tag zu proben, für andere bedeutet das 10 Stunden am Tag aufzunehmen. Was ich dir aber (mit Gewissheit) sagen kann, ist, dass es eine lange Zeit brauchen wird, in einer Sache gut zu werden. Und Leute, die glauben, man wäre einfach so mit Talent geboren, die liegen einfach falsch damit. Man entwickelt (auch: arbeitet an; Original: „develop“) Talent. Weißt du, verschwendete Talente sind die größte Ressource der Welt. (Noah, Mikel und Nils lachen). Du musst … wenn Leute so denken: „Als ich 15 Jahre alt war, habe ich diese Sache gemacht und die Leute fanden es irgendwie charmant“, und dann sind die 25 Jahre alt und machen noch immer genau das Gleiche. Du musst dich (ständig) verbessern. Und die einzige Art, wie du besser wirst, ist durch Übung.

Noah: Und es zu machen. Es immer und immer wieder machen.

Mikel: Wieder und wieder und wieder. Zehntausend Stunden. Wenn du zehntausend Stunden damit verbringst Apfelkuchen zu backen, dann kannst du danach einen echt guten Apfelkuchen machen.

Noah: Wenn du zehntausend Stunden damit verbringst eine Rock ‘n‘ Roll-Show zu spielen … ich meine, die verdammten Beatles haben vier oder fünf Sets am Tag gespielt, in Hamburg, bevor sie … (er redet natürlich von der Star-Club Zeit, Große Freiheit 39)

Mikel: In Hamburg …

Nils: In Hamburg. Ich bin in Hamburg geboren …

Noah: Also, die haben da aufgenommen, - äh, sorry, ich meine, sie spielten da ständig, stundenlang, mehrere Sets am Tag.

Nils: Ich glaube, die haben dort zwei Sets von jeweils acht Stunden pro Nacht gespielt. Ähm, Tag und Nacht … (Ich war offensichtlich in dem Moment unkonzentriert. War gedanklich schon bei der nächsten Frage)

Mikel: Sie haben sieben Stunden, jeden Tag live gespielt. (Original: „Yeah, seven hours every day.“; Anmerkung von

Nils: Liebe Bandologen, lasst euch das mal auf der Zunge zergehen und überdenkt möglicherweise, wie ihr ebenfalls dauerhaft und jeweils richtig lange spielen könnt. Die meisten Bands gehen das viel zu lasch an.)

Noah: Und das haben sie jahrelang gemacht, bevor sie eine einzige Note aufgenommen haben.

Mikel: … Und dann sagen die Leute „Ah, ihr Typen seid echt talentiert“. (Spricht aus Sicht der Beatles): „Naja, wir haben über Jahre mehrere Stunden am Tag gespielt“.

Noah: (Spricht aus Sicht der Beatles) „Wir kennen jeden Popsong. Wir kennen jeden Song.“

Nils: Es gibt da eine hübsche, kleine Anekdote über die Beatles. Sie wurden Decca Records vorgestellt und wurden abgelehnt, weil das Label ihnen im Jahr 1962 sagte „Gitarrenbands wären auf dem absteigenden Ast“ (die Original-Zitate sind: „guitar groups are on the way out" und "the Beatles have no future in show business“; Quelle: The Beatles Anthology). 1962!

Mikel: Ah, das ist ja witzig. NME (ein Musikmagazin) haben uns das letztes Jahr gesagt. [[ 10:54 ]]

Noah: Ja, das haben wir auch schon mal zu Hören bekommen.

Nils: … Und das wiederholt sich seitdem (immer wieder in dieser Branche). (Nächste Frage): Eure Texte und eure Musik begeistern ganz offensichtlich die Leute. Du (Mikel) hast über Songs gesagt, dass - ich zitiere - „Im Kern der Sache geht es nicht um diesen ganzen Scheiß, wie das Internet, MP3 oder was auch immer. Es geht um Leute, die sich dadurch (durch die Songs) mit einer anderen Person verbinden.“ Daher: Was ist dein Ratschlag für Songwriter und Produzenten, um einen großartigen Song zu schreiben und eine großartige Aufnahme zu machen?

Mikel: Verbringe zehntausend Stunden damit, das zu tun.

Nils: All right.

Mikel: Nein wirklich, ich meine es ernst. Setz dich morgen hin, entscheide, dass du ein Songwriter sein willst und dann leg los, so, als würde dein Leben daran hängen. Und, weißt du, wenn du … das ist wirklich hart. Das ist, ganz ernsthaft jetzt, wirklich hart. Ich denke, die Leute testen ständig, ob sie das Talent für etwas haben und dann stellen sie fest „oh“ … sie versuchen sich zu fragen „habe ich das Talent für dieses oder jenes“ und hoffen dabei, dass sie mit geringstem Aufwand ein angeborenes Talent haben (beziehungsweise entdecken). Und, es ist zwar wahr, dass einer von hundert Millionen Leuten das hat. Ab- und zu gibt es einen Mozart. Aber die meisten von uns sind nicht Mozart. Die anderen 99 (Komma 999,999) Millionen haben ein gewisses Maß an Talent und müssen das weiterentwickeln. Weißt du, was soll ich sagen: Verbringe damit eine Menge Zeit, mach deine Hausaufgaben (Original: „Make your business“), höre dir eine Menge großartiger Songs an und dann vergiss sie. Hör dir Bruce Springsteen an, Leonard Cohen, Bob Dylan und dann vergiss sie. Geh zu vielen Live-Shows. Schreibe(!) tausend Songs.

Nils: … Und dann vergiss sie? (Ich wusste natürlich, worauf er hinaus will, - Innovationen - aber wollte durch diese Nachfrage dem Punkt mehr Gewicht geben.)

Mikel: Ja, denn du willst ja nicht kopieren, was sie gemacht haben. Hör es dir nur an, vergiss es, ziehe weiter - und dann schreib tausend Songs. Und ich verspreche dir, wenn du tausend Songs schreibst, wird (mindestens) einer davon gut sein.

Nils: Ich habe über Jahre Schlagzeugspielen gelernt und weiß daher wovon du sprichst. Ich war nicht talentiert, aber Jahre später sagten mir Leute: „Du bist ein sehr talentierter Drummer! Du bist gut, du bist ja ein professioneller Drummer!“ - … Tja, ich habe Stunde um Stunde …

Noah: Yeah, thanks.

Nils: Du (Mikel) hast ein Jahr in deiner Wohnung gebracht und nur Gitarre gespielt, richtig? …

Mikel: Ja, aber ich habe schon geschrieben, seit ich 15 Jahre alt war. Ich habe schon mein Leben lang Songs geschrieben und habe eine Menge Zeit mit dem Schreiben von Geschichten verbracht; habe mich einfach sehr viel damit beschäftigt. Was ich damit sagen will, ist: das ist nichts, was mir so einfach zugeflogen ist. Das war definitiv eine Menge Zeit, die ich damit verbracht habe. Als ich damit angefangen habe, habe ich häufig zu Hören bekommen „was soll das denn werden, Alter“ … und dann nach einiger Zeit, habe ich mir dann selbst gesagt: „Weißt du was, ich mache das jetzt einfach weiter, ich glaube, da geht noch was (Original: „I think I‘m onto something here“).

Nils: Eine Frage, die hatte ich eigentlich gestrichen, aber ich frage sie trotzdem. Du hast mal darüber gesprochen, dass sich die Welt um die Entscheidungen, die man trifft, herum formt oder so. (Auch hier wusste ich natürlich, was gemeint ist. Das Prinzip ist ja längst bekannt. Wollte aber wissen, wie Mikel das sieht.)

Mikel: Ja, nach einer Idee von Emerson. (Anmerkung von

Nils: Ralph Waldo Emerson, amerikanischer Dozent, Essayist und Poet sagte: „Wenn du eine Entscheidung getroffen hast, dann verbündet sich das Universum mit dir, um sie wahr zu machen.“ Original: “Once you make a decision, the universe conspires to make it happen.” – ähnlich formuliert von Napoleon Hill, Rhonda Byrne, Charles F. Haanel und vielen anderen.) Das ist ein Gedanke aus dem Transzendentalismus. Das Universum verschwört sich, so nach dem Motto: Wenn du einmal eine Entscheidung getroffen hast, etwas zu tun, dann kommt das Universum diesbezüglich auf deine Seite (Original: „the universe kind of gets on your side“). Zudem testet es dich und fragt dich, ob du es ernst meinst. Weißt du, ich war mittellos (pleite), hab meinen Kredit versaut, habe in einer winzigen, heruntergekommenen Wohnung gelebt und alle meine Kreditkarten überzogen. Ich war kurz davor, obdachlos zu werden. Alle diese Sachen sind, als wenn dich das Leben fragt: „Meinst du es ernst?“, „Meinst du es ernst?“, „Willst du das wirklich machen?“ und wenn deine Antwort irgendetwas, außer einhundert Prozent „Ja“ ist, dann hast du keine wirkliche Leidenschaft für diese Sache … dann mach ein verdammtes Jura-Studium (Original: „go to fuckin‘ law school“) oder sowas in der Art.

Noah: Yeah, ein Jura-Studium ist der Rettungsanker (lacht) (Original: „Law school is the cop out“)

Nils: (Zu Noah) Hast du mal Jura studiert? (Anmerkung: Es war laut beim Gespräch im „White Trash“. Erst auf der Aufnahme habe ich genau gehört, was er gesagt hatte; daher das Missverständnis.)

Mikel: Nein, ich meine, wenn du einen Weg für dich geebnet haben willst, weil du nicht damit klarkommst … naja, so nach dem Motto, wenn du nicht damit klarkommst (mal) pleite zu sein, dir Geld von Freunden leihen zu müssen oder was auch immer du tun musst um klarzukommen …

Noah: … Dann solltest du kein Musiker sein.

Mikel: Dann werde lieber kein Musiker.

Nils: Du hast deine Karriere geringfügig verändert. Du warst mal ein Redakteur für Magazine (und hast als Autor Geschichten geschrieben). Wie hast du herausgefunden, dass dein Bauchgefühl mehr zu Musik tendiert?

Mikel: Hm, ich weiß nicht, was passiert ist, um ehrlich zu sein. Keine Ahnung, ich habe das einfach so gemacht. Bin mir nicht sicher.

Nils: Also passierte das unterbewusst …?

Mikel: Ja, es war einfach, ich habe eines Tages damit angefangen (Songs zu schreiben) und dann habe ich einfach weitergemacht. Und dann wollte ich nichts anderes mehr machen und mir war alles egal. Es half, dass ich diese Typen (seine Band) getroffen habe.

Nils: Klar, du hast zwei, oder drei studierte Musiker in deiner Band.

Mikel: Naja, es sind tatsächlich alle vier, die Musik studiert haben, wenn du in die Details gehen willst.

Nils: Alle vier, ach so, also Steven (Gitarrist der Band) ebenfalls.

Mikel: Ja, und weißt du, wenn man mit Leuten arbeitet, die so talentiert sind, dann pusht dich das - und zwar sehr. Das sind buchstäblich die talentiertesten Leute, die ich finden konnte. Man findet einfach keinen talentierteren Musiker, als diesen Typen hier neben mir.

Noah: Oh, danke.

Mikel: Das ist wahr. Wir zwei schreiben Songs zusammen, obwohl ich sonst mit niemandem gemeinsam schreibe, weil ich finde, dass die meisten Leute nicht besonders gut darin sind. Ich schreibe allerdings mit ihm, weil er gut darin ist. Naja, und wenn man Leute hat, die so talentiert sind, - ich sehe Zeug, bei dem ich ab und zu nicht einmal eine Ahnung habe, wie er das macht. Bei solchen Sachen denke ich mir „shit, man“ - und sowas bringt mich dann dazu (zum Beispiel) eine zusätzliche Woche weiter an einem Song zu arbeiten, um ihn richtig hinzukriegen, beziehungsweise an meinem Beitrag (zur Band), wie auch immer der dann genau aussieht …

Nils: Und dann, sozusagen auf das Level deines Teams kommen?

Mikel: Naja, was auch immer es ist, ja. Ich versuche mein eigenes Level zu pushen.

Noah: Zusätzlich allerdings … er würde das wahrscheinlich nicht zugeben, aber mal davon abgesehen wie viele Songs wir mit der Band spielen, es gibt da eine (mir) unbekannte Anzahl von Songs, die er (Mikel) allein fertigstellt, bevor er auch nur daran denkt, sie an die Band heranzutragen - also bevor wir an dieses Zeug herankommen.

Nils: Ah, OK. Also sortierst du erst mal aus, welche Songs du an die Band heranträgst und die meisten wirfst du raus.

Mikel: Ja, natürlich. 80 Prozent.

Nils: So ähnlich wie bei meinen Fragen. Ich hatte hundert Fragen für euch vorbereitet.

Mikel: Ganz genau wie die Fragen.

Nils: Ich habe eure Band in den letzten drei Tagen regelrecht studiert.

Mikel: Oh, das tut mir echt leid. (Noah lacht)

Nils: Nein, es war ein wirklich interessantes Beispiel. Es war … naja, aus meiner Sicht … war es geradezu klassisch. Aber egal. … Weil … naja, lasst uns nicht in meine Details einsteigen (die Bandologie / Analysen, warum Bands erfolgreich werden), lasst uns auf eure eingehen. Also: Viele Musiker glauben immer noch, Manager und Labels könnten irgendeinen „magischen Schalter“ umlegen, um eine Band über Nacht in die nächsten U2 zu verwandeln. Ich würde gern mehr über euer Treffen mit Phil Costello von TBD Records wissen. Vielleicht könnt ihr uns davon erzählen?

Noah: Phil war ein großartiger Kerl, wir haben ihn sehr schnell getroffen, als wir in‘s Radio gekommen waren. (Hintergrund-Info: Die Single der Band, „Sometime Around Midnight“, wurde auf diversen Radiostationen in Los Angeles gespielt, bevor die Band einen Manager oder ein Label hatte.)

Nils: Ja, bei KROQ (ausgesprochen ’Kay Rock’) und den Anderen.

Mikel: TBD ist das Label von Radiohead. Er betreibt das Label von Radiohead.

Noah: Ja, und er hat uns getroffen, weil es so ungewöhnlich war, dass wir in‘s Radio kamen. (The Airborne Toxic Event war offenbar die erste Band seit 10 Jahren, die ohne Plattenvertrag in eine Rotation der Radiostation KROQ kam). Wir haben auf einmal eine Menge Leute getroffen. Und Phil funktionierte für uns wie ein … wir fingen dann an, ihn „das Orakel“ zu nennen. Weil er der eine Typ war, der, anstelle von (er imitiert einen Old school Plattenboss) „du musst dieses machen“ oder „du musst jenes machen“, „das läuft hier nach meiner Nase oder du fliegst wieder raus, Kleiner“ (Original: „It‘s my way or the highway, kid“), „du wirst es in diesem Business niemals schaffen, wenn du nicht machst was ich dir sage“. - Er war einer der ersten Leute, der uns gewissermaßen half, einen Sinn (ich nehme an, er meint auch Gesetzmäßigkeiten) zu erkennen, in dieser großen „Musikbusiness-Welt“, was immer das genau ist. Denn wir spielten Shows und nahmen Songs auf, wann und wie wir es eben konnten. Es war nicht so, dass jetzt jeder von uns quasi ein Ratgeberbuch zum Thema „Der Idioten-Ratgeber, um ein Album aufzunehmen“ hatte oder sowas.

Mikel: Phil hatte einige sehr klare Regeln für uns. Er meinte so: „Schaut mal. Ihr müsst euch eure Fans verdienen. Versteht ihr, jeden einzelnen von ihnen. Ihr müsst gehen und sie verdienen.“ - und wir meinten so: „Was meinst du damit genau?“. Und er meinte: „Ihr müsst ihnen in die Augen schauen und einen Song für sie singen. Ihr müsst denen in die Augen sehen und eine Show spielen. Ihr müsst ihnen euer Herz ausschütten. Und du kannst es nicht einfach als selbstverständlich betrachten, dass sie da sind. Ihr müsst in jede einzelne Stadt sechs bis sieben Mal zurückkehren, wenn ihr eine Basis für eine Tour haben wollt - bevor ihr auch nur darüber nachdenkt, euch in dieser Stadt als etabliert zu betrachten. Und das gilt für jede Stadt auf der Welt, in der ihr spielen wollt.“ Es war ziemlich ernüchternd.

Noah: Ja, und er war einer der ersten Leute, die zu uns meinten: „Es gibt keinen Schalter. Man legt nicht einfach einen Schalter um und dann …“

Nils: Ja, das ist unmöglich.

Mikel: Du kontrollierst nun mal dein eigenes Schicksal und du musst dich auf deine eigene Arbeit verlassen können.

Noah: Ja! Ich meine, wer würde nicht gern …

Mikel: Was auch immer du tust, ob die ganze Sache nun um ein Label erweitert ist, oder (ob es) einfach du selbst (bist). Unter‘m Strich musst du doch auf deine eigene Arbeit bauen können. (Original: „you have to rely on your own work“; weitere Übersetzungen von rely: sich darauf verlassen können; vertrauen können; darauf angewiesen sein). Und wenn du etwas machst, bei dem du auf die Arbeit anderer baust, dann bist du ‚fucked‘. Denn das wird nicht gut gehen (Original: „not gonna happen“).

Nils: Ja, aber viele Musiker …

Mikel: Ja, die warten, dass sie entdeckt werden.

Nils: Vielleicht sollten wir das noch mal sagen: Du bist ‚fucked‘, wenn du dich auf andere verlässt.

Mikel: Weißt du, die Leute sitzen herum … das ist das gleiche Prinzip wie mit dem Talent. Die sitzen herum und warten dass jemand reinkommt und abgeht, nach dem Motto (er imitiert jemanden, der Musikern große Versprechen macht) „Du bist talentiert, Kid. Ich bring dich ganz groß raus.“ Das ist alles shit. Jede Band, die du jemals gesehen hast, die erfolgreich ist, - egal, wie cool sie waren, als sie an dem Punkt angekommen waren - an irgendeinem Punkt haben sie sich mächtig ins Zeug gelegt (Original: „at some point they were hustling.“ (Weitere Übersetzungen: hasten, eilen, drängen, sich durchdrängen; man würde im Deutschen wohl sagen: haben sich wirklich abgerackert.)

Noah: Ja, verkauft eure Computer, verkauft eure Katze, kauft einen Van, steigt in den Van ein und bringt das Ding auf die Straße! Nach dem Motto: da ist kein …

Mikel: Bleibt die ganze Nacht wach und schreibt Songs. Und schreibt hundert, schreibt tausend. Weißt du, schreib sie auf zehn verschiedene Weisen. Hör dir neue Musik an, hör dir alte Musik an und … so auf die Art: grabe wirklich tief. (Original: „like, really dig deep.“) … Worum geht es bei dir im Leben und wer genau bist du? (Original: „What are you about?“) Was denkst du über … wie fühlst du … wie bringst du das zum Leben, in der Wahrnehmung / Gedankenwelt (Original: „mind“) eines Zuhörers? So nach dem Motto, steigere dich da richtig rein. Und mach das nicht nur einmal. Einmal ist kein Mal (Original: „One time is not even a toe in the water“). Mach das endlos. Und dann, an irgendeinem Punkt wirst du etwas Gutes machen. Selbst, wenn es nur durch Zufall ist. Du wirst über etwas Gutes stolpern.

Noah: Du hast gar keine Wahl, wenn du erst mal (in der Form) loslegst. Ich meine … du wirst es herausfinden (Original: „you will figure it out“), aber du musst es machen.

Mikel: Yeah.

Nils: Gab es einen Moment, in dem sich bei euch „Alles auf einmal“ verändert hat? So, wie das neue Album heißt? (Das neue Album heißt „All at Once“. Laut Webseite der Band heißt das Album so, weil sich manchmal im Leben eben alles auf einmal verändert und nicht schrittweise. An der Stelle gab es ein kleines Missverständnis: Ich wollte natürlich mit dieser Frage eine Vorlage für fette Promo für das neue Album legen. Der Album-Titel bezieht sich offenbar eher auf das Leben allgemein. Die Karriere mit der Band, auf die Mikel jetzt eingeht, lief nicht sprunghaft.)

Mikel: Ähm, nein, das lief sehr schrittweise. Ich meine, wir werden wahrscheinlich beschrieben, als eine der Bands mit einem der kometenhaftesten Aufstiege. Das haben wir zumindest über uns gelesen. Aber für uns fühlte es sich überhaupt nicht kometenhaft an. Wir haben für 100 Leute gespielt, dann 200, dann 300, dann 500, 1.000, 2.000 …

Noah: … Und sind in neue Länder gereist und spielten dann wieder vor 20 Leuten …

Mikel: Und dann … ja.

Nils: Wie habt ihr das gemacht; wie promotet ihr Gigs in Städten, in denen ihr noch nie zuvor gespielt habt?

Mikel: Weißt du … man guckt sich einfach in dieser Stadt um und schaut sich an, wer so zu Shows geht und wer darüber schreibt. Und was für andere Bands dort spielen. Dann geht man los und trifft diese Leute, trifft diese Bands. „Hey, wir spielen ‘ne Show. Kommt rum und checkt das aus.“ … oder so: „Hier ist ein Song, den wir aufgenommen haben; hoffe, er gefällt dir.“ … das ist keine hochwissenschaftliche Angelegenheit.

Noah: Ja, man kann nicht einfach sagen: „Oh, nimm den Rock-Club und spiel dort.“, weil möglicherweise die beste Idee wäre, im Hip-Hop-Club zu spielen. Denn möglicherweise …

Mikel: Ja, und wenn dein Song scheiße ist, dann ist es eh egal, was du tust. Und wenn dein Song gut ist, möglicherweise ist es dann ebenfalls egal, was du tust.

Noah: Soviel ist sicher.

Nils: Wie ist eure Meinung zum Thema „sich über das Internet verbinden, Promotion im Internet, Musik verkaufen im Internet, - oder in der Realität im echten Leben …“

Mikel: Also, ich weiß nicht so recht. Wenn du ein Musiker bist, dann solltest du nicht so ein merkwürdiger, technischer Verkäufertyp. Mach einfach deinen Rock-Song.

Noah: Ja, und es ist nicht so, dass das Internet Musik besser macht oder die Musik tötet.

Mikel: Das ist einfach so ein Ding.

Noah: Musik ist Musik.

Mikel: Was hat das Telefon schon für den Jazz getan? (Das war gemeint)

Noah: Ja, was hat das Telefon schon für den Jazz getan? Die Erfindung des Telefons …

Nils: Ah, das ist interessant … (Liebe Bandologen, mir ist natürlich auch klar, dass der Vergleich nicht ganz stimmt. Aber der Gedanke ist trotzdem interessant.)

Mikel: Ich meine, das ist einfach ein neuer Medienkanal. (Original: „Fuckin‘ medium“)

Noah: Was hat das Grammophon für die klassische Musik getan?

Mikel: Unter‘m Strich musst du einfach etwas hier drin (er deutet auf sich) mit etwas bei jemand anderem verbinden - das ist alles.

Noah: Ja, wäre so ähnlich, als wenn man sich Sorgen darüber machen würde, was wohl im Jahre 2035 passieren wird. Beispielsweise nach dem Internet. Nach dem Motto: „Holy shit, wir müssen bereit sein, für die Ära nach dem Internet.“

Nils: „… Was werden wir nur ohne Internet machen?“

Mikel: Da sind all diese merkwürdigen …

Nils: Was ist mit dem finanziellen Aspekt? Meint ihr, man kann Geld mit Musik im Internet verdienen?

Mikel: Nein.

Noah: Man sollte kein Musiker sein, nur, um Geld zu verdienen. Du solltest Musiker sein, weil du einfach nicht anders kannst.

Mikel: Wenn du Geld verdienen willst, dann solltest du Investment-Banker werden. Die verdienen viel Geld und das machen sie sehr effizient. Oder, wie ich schon sagte, mach ein Jura-Studium.

Noah: Mach irgendwas, aber Musik machst du, wenn du nicht anders kannst. Wenn die Band … was auch immer die Band macht, Mikel wird noch zehntausend weitere Songs schreiben zwischen jetzt und … bis er stirbt. Das wird passieren, egal, was sonst passiert.

Mikel: Das ist in der Tat wahr. Ziemlich schockierend, darüber nachzudenken.

Noah: Aber die Tatsache, dass wir in der glücklichen Position sind mit der Band herumzukommen, die Tatsache, dass wir fünf überhaupt das Glück haben uns zu kennen und in der Lage sind vor irgendwem zu spielen … selbst, wenn es 100 Leute sind, ist das einfach richtig geil. Aber wenn du es für das Geld, den Ruhm und das Vermögen machst, dann bist du verdammt noch mal wahnsinnig (Original: „out of your fuckin‘ mind“) und man hat dich dein Leben lang angelogen. (Mikel und Noah lachen)

Nils: Das ist genau das, was die meisten richtig großen Rockstars einem erzählen, wenn man sie ernsthaft (und etwas näher) danach fragt. Sogar …

Noah: Ich bin mir sicher, dass große Rockstars sind die ersten, die das sagen.

Mikel: Weißt du, wenn man solche Leute trifft … ich habe beispielsweise einige Zeit mit Robert Smith, Lou Reed und David Bowie verbracht … die sind erheblich demütiger als die jeweilige Mode-Band des Monats. (Original: „Flavor of the month band“.)

Noah: Yeah.

Mikel: Leute, die in einer Mode-Band des Monats sind, gerade mal ein Album draußen, auf dem Cover des NME Magazins, die gehen dann ab, nach dem Motto: „Uhh“ … und entwickeln die größten Egos, weil sie nicht wissen, … Arroganz ist nur Unsicherheit. Weil sie keine Ahnung haben, was sie da genau machen. Und dann gehen sie ab, nach dem Motto: „Keine Ahnung, wie ich hier her gekommen bin, also schätze ich mal, ich sollte mich so und so verhalten“. Leute, die schon herumgekommen sind und viele Platten gemacht haben, schon lange Musik machen, die wissen, dass das eine Menge Arbeit ist. Und die wissen auch, dass sie ihr eigenes Schicksal kontrollieren, weil sie es gemacht haben. Und die wissen, „Hey, an diesem oder jenen Punkt habe ich echt in‘s Schwarze getroffen. Und weil das so war, startete meine Karriere. Und dann habe ich noch mal bei einer anderen Sache in‘s Schwarze getroffen und dann ging meine Karriere weiter (Original: „I kept having a career“) und dann bin ich einfach weiter getourt und hab‘ einfach weitergemacht. Weißt du, was ich meine?“

Noah: Ja. In Keith Richards‘ Buch spricht er von einem der großen Momente der Rolling Stones als Band. Sie hatten einen Amp. EINEN Amp. (Alle lachen herzlich) Das war ein großer … bei allem, was die in ihrer gesamten Geschichte getan haben, hat er das noch immer in Erinnerung. Die haben von ganz unten angefangen.

Nils: Das war ein wichtiger Schritt in den 50ern / 60ern, wann auch immer die angefangen haben … (Oh, ich war verwirrt und gedanklich schon bei der nächsten Frage. Bandgründung der Rolling Stones war selbstverständlich 1962!)

Noah: Und die hatten einen Amp, in den sie alle Gitarren und so eingestöpselt haben.

Nils: Ich habe noch zwei weitere Fragen. Was denkt ihr darüber und wie genau passierte es, dass euer Hit „Sometime Around Midnight“ auf diversen Radiostationen gespielt wurde, beispielsweise bei KROQ, bevor die Band einen Manager oder ein Label hatte?

Mikel: Ah, das war ein zweischneidiges Schwert, weißt du. Das wussten wir auch zu der Zeit. Weil nicht so viel coole Musik im Radio gespielt wird. Die meiste, gute Musik findet man doch über Blogs oder durch ein paar Freunde oder man findet sie, wenn man gerade andere Bands sucht, die man gut findet. Also, die Tatsache, dass man uns ins Radio genommen hat, … bevor das passierte, waren wir sozusagen eine Blog-Band. Und dann, die gleichen Leute, der gleiche Song, das gleiche was auch immer … wurde dann im Radio gespielt. Und ich denke, dass die Leute (finden, dass das) Radio irgendwie stinkt (Original: „a certain stink to the radio“). So nach dem Motto: „Oh Gott, ich hasse das verdammte Radio(programm). Wer mag schon das verdammte Radio? Weißt du, was ich meine?“ (Anmerkung für die Bandologen: Oh ja, ich weiß genau was er meint. Ich selbst, Nils, habe seit mehreren Jahren kein Radio mehr, weil ich diesen Schrott nicht mehr ertragen will, der dort gesendet wird. Also, wenn ihr mit eurer Band ins Radio wollt: mich habt ihr dann nicht als Hörer.) Also, wir mussten echt hart arbeiten, um uns von diesen Bands zu unterscheiden (hier wieder, Stichwort: Innovationen). Ein großer Anteil davon war es zu der Zeit zu touren und andererseits haben wir beispielsweise diese Videoserie gemacht, bei der wir unsere Songs einfach spielen, ohne Cuts, ohne Editierungen, kein Autotune, keine Scheiße, - wir stehen da einfach und spielen unseren Song. (Anmerkung für die Bandologen: Diese Videoserie ist absolut geil. Nachdem ich diese Serie gesehen hatte, war ich absolut überzeugt von der Band. Bei den Videos wurden Bild und Ton live aufgenommen; die Kamera steht jeweils still; die Band spielt mit akustischen Instrumenten und sehr präzise mikrofoniert, sodass man jedes Detail hört. Einfach nur geil. Sollte man sich mal ansehen.) Meiner Meinung nach sind solche Aktionen ein (guter) Weg, um die ganze Sache frisch / interessant (Original: „fresh“) zu halten. Ich meine, Bands, die einfach nur im Radio laufen, sind doch die langweiligsten Bands überhaupt. (Noah und Mikel amüsieren sich)

Hier ein Video aus der "acoustic series", featuring the Calder Quartet (mit Andrew Bulbrook an der Violine, Anna's Bruder):


Nils: Die meisten davon, ja.

Mikel: Ja, ich meine, was soll ich sagen, Dude, das war ein zweischneidiges Schwert. Das war schon cool, aber ich denke, wir wären auch ohne gut klargekommen.

Nils: Ah, jetzt verstehe ich. Aber durch das Radio habt ihr eine Menge neuer Kontakte bekommen und so …

Mikel: Ja, aber wir haben auch eine Menge Kontakte verloren. (Exzellent gemacht! Vergleiche dazu im Bandologie-Buch, Thema knallhartes Zielgruppenmarketing und präzise Abgrenzung von Teilen der Zuhörerschaft, die nicht ganz präzise zur Zielgruppe gehören. Er beschreibt hier, wenn auch knapp, sehr genau das Problem, das alle Bands haben, die aus einer Szene herauswachsen und für die sich dann Massen begeistern.)

Nils: Also, ihr hättet die Kontakte sowieso bekommen. … Ah, (jetzt verstehe ich), die ganze Blogger-Szene …

Mikel: Von Woche zu Woche konnte man einen Unterschied im Publikum sehen, und Unterschiede in der Wahrnehmung (der Leute). Und wir mussten echt hart kämpfen, um den Leuten klarzumachen: „Alter, wir sind verdammt noch mal nicht Linkin P…“ (lacht)

Noah: Ja, wir sind nicht eine von diesen Mode-Bands des Monats, zusammen-gecastete …

Mikel: Wir sind nicht so eine künstlich hergestellte Rock ‘n‘ Roll-Band, bei denen es dann so nach dem Motto läuft: „Hol‘ dir diesen Produzenten, mach diese Art von Pop-Mix beim Gesang, komprimiere die Gitarre, bring die Drums dazu genau so zu klingen …“, wie dieser ganze Mist … bei uns läuft das eher nach dem Motto: „Nein, Alter, wir haben wirklich nur Songs geschrieben, sind dann in ein Studio gegangen und haben die aufgenommen; danach auf Tour gespielt und es sind echt nur wir fünf, die den ganzen Kram machen.“

Noah: Meiner Meinung nach sehen die Leute (unsere Band) häufig so, als wäre da dieser Typ, der mal ein Autor war (Mikel) und da ist dieser geile Song („Sometime Around Midnight“) und die Leute (andere Musiker) sind dann frustriert, so nach dem Motto: „Warum läuft ausgerechnet dieser Song im Radio? (Wie haben die das hingekriegt?) Das ist doch nur irgend so ein Typ, der einen Song geschrieben hat, der hat sich diese Leute (die Band) besorgt, die ihn dann in ‘nem Haus aufgenommen haben. Ich denke, es frustriert die Leute, weil es ein cooler Song ist und ich glaube, dass …

Mikel: Ich glaube, die Sache ist viel einfacher. Man hört sich einfach keine coole Musik im Radio an, das macht man einfach nicht. Naja, es ist zumindest sehr, sehr selten, dass da mal was … meiner Meinung nach ist es echt so simpel. - Wir wurden mit diesem Album wirklich sehr wohlwollend von (Musik-)Kritikern behandelt (Original: „embraced by critics“) und das hat uns eine Menge geholfen, denn ansonsten wären wir möglicherweise im ganzen Gewirr (der vielen neuen Bands) untergegangen. (Original: „kind of got lost in the shuffle.“). Musik hat eine Menge Projektionsfläche (Interpretations-Spielraum; Original: „projection in it“) und wenn man die eine (Band) nicht von der anderen unterscheiden kann und man nur eine Liste von Bands sieht, … wenn man diese ganzen fürchterlichen Bands sieht, neben denen unser Name in der gleichen Liste steht, dann denkt man sich (als Hörer, möglicherweise): „Wer sind diese Typen?“ (The Airborne Toxic Event)

Noah: Jepp.

Mikel: Also, wie ich schon sagte haben wir echt hart daran gearbeitet, uns davon zu unterscheiden und … (Anmerkung: Wieder nur kurz erwähnt, aber hier ist erneut deutlich der Anspruch zu erkennen, der Zuhörerschaft etwas Neuartiges / Einzigartiges zu bieten. Das zieht sich meiner Meinung nach durch die ganze Denkweise von Mikel.) … unseren Wurzeln treu zu bleiben und unserer Art und Weise, wie wir Songs schreiben. Und dazu gehört auch die Art und Weise, wie wir Dinge so angehen, also zum Beispiel: „Alter, wenn deine Karriere im Jahr 2011 von Radio-Einsätzen abhängig ist, dann bist du verdammt noch mal auf einem verdammt sinkenden Schiff.“

Nils: Dann bist du ‚fucked‘ …

Noah: Da wird nix draus … (Original: „Not gonna happen“)

Mikel: Jepp.

Noah: Und das alles Dank des Internets.

Nils: Ja … meine letzte Frage: Was sind eure Erfahrungen mit der Musikindustrie. Sagen wir mal, in drei Phasen. Phase eins: Ihr habt alles allein gemacht und seid ohne Label und ohne Manager ins Radio gekommen. Phase zwei: Ihr habt mit MajorDomo gearbeitet (ein kleines Indie-Label) und … (und ich wollte noch sagen: „Phase drei: Ihr seid bei einem Major Label, Island Records - in Deutschland vertreten durch Universal Music - unter Vertrag.“ Anmerkung: Mikel wusste natürlich schon, was ich sagen wollte, als er ‚in drei Phasen‘ hörte und ich die erste Phase erklärt hatte.)

Mikel: Da muss ich kurz einwerfen … wir sind bereits bei einer Menge Blogs gelaufen (Original: „we were on a lot of blogs“), bevor wir im Radio gelaufen sind. Wir wurden buchstäblich von hunderten von Blogs aufgenommen (Original: „embraced“) bevor wir … wir haben ein paar MP3s verschickt und wir hatten (daraufhin) einige hundert Leute bei unserer ersten Show. Wir haben ungefähr zwei oder drei Monate in Folge in Los Angeles vor ungefähr jeweils 500 Leuten gespielt und … das bedeutet, diese Radio-Sache passierte, als wir bereits tourten und in L.A. bereits echt große Shows spielten. Wir waren nicht einfach nur eine Band, die da für 20 Leute spielte oder sowas. Weißt du, wir hatten … da ging schon eine Menge ab. Unsere Fans kannten schon jedes Wort aus jedem Song. Die ganze Sache stand also schon gewissermaßen und es bedeutete Leuten bereits etwas, wenn man zu einer Airborne-Show gegangen ist. (Original: „It was like already a thing before, which is like a thing to go to an Airborne show“) Wir waren auch zu dieser Zeit bereits glücklich. Und das war alles vor dem Radio. Es war also nicht so, dass wir im Radio gespielt wurden und plötzlich änderte sich alles für uns. Bei uns hat sich alles bei unserer ersten Show verändert.

Nils: Sehr gut, dass du mal klar herausgestellt hast, wie es wirklich gelaufen ist. (Aufgrund der bisherigen Infos im Internet hatte auch ich vor dem Interview ein anderes Bild der Lage.)

Mikel: Naja, so lief es nun mal.

Noah: Yeah.

Nils: Naja, also in Ordnung … (da musste ich mal wieder an die ganzen Musiker und Bands da draußen denken, die noch immer davon träumen, einen ‚großen Plattenvertrag‘ zu ergattern, der dann alle Probleme löst. Oder von ‚tollen GEMA-Einnahmen durch Radioeinsätze‘ oder von haufenweise Geld durch Lizenzen als Songwriter und Producer und so weiter.) Das ist ein Bild, das Bands nur selten verstehen, weil … die hoffen ständig auf das Radio, auf Manager, auf Labels, auf den einen großen Schuss; die eine magische Sache, die passiert …

Noah: Ja, das passiert niemals.

Mikel: Das passiert niemals.

Nils: Die eine Person, die man trifft …

Mikel: Ja, das passiert noch immer nicht. Ich sag dir, wir sind auf dem größten Label der Welt (Universal) und wir machen … von Tag zu Tag rufe ich (verschiedene) Produktmanager (aus den verschiedenen Büros der verschiedenen Länder) an, wir rufen unseren Manager an und sprechen den Plan durch, stellen sicher, dass alles glatt läuft und stellen sicher, dass diese Leute auf die Dinge fokussiert sind, auf die wir fokussiert sind … und …

Nils: Also du machst das alles? Du rufst die Leute an und stellst sicher dass … (Ich konnte mir das natürlich denken, aber wollte diesen Punkt noch einmal herausarbeiten, damit jeder Musiker, der dieses Interview sieht, hört oder liest, den Punkt verinnerlicht.)

Mikel: Oh ja. Und wer das nicht schon alles getan hat. Mick Jagger, Prince, Bruce Springsteen, David Bowie. Weißt du, unter’m Strich ist es deine Karriere, es ist dein Business.

Noah: Und du bist die einzige Person, die das Ganze wuppen wird. (Original: „You‘re the only person who‘s going to make it happen.“; Anmerkung: manchmal hatte ich das Gefühl, dass Noah und Mikel die Original-Themen, Denkweisen, bis hin zu fast wortgenauen Formulierungen aus dem Bandologie-Buch übernommen haben, aber zu dem Zeitpunkt war das Buch noch nicht einmal fertig übersetzt.) Du kannst einfach nicht erwarten, dass jemand anderes das erledigt.

Mikel: Und dazu kommt noch, dass die nicht wissen, wie du dir das alles vorstellst (Original: „And also they don‘t know what‘s on your mind“). Du bist derjenige, der die Beziehung zum Zuhörer hat. Beispielsweise Noah hat eine Beziehung mit dem Zuhörer, nicht der Produktmanager bei Island Def Jam. Versteh mich nicht falsch, der ist ein guter Typ. Nichts gegen unseren Produktmanager (Noah lacht). Nein, ist er ja wirklich. Ich will jetzt nicht, dass er das Gefühl hat, ich hätte ihn hier herausgepickt, wenn er das hier hört. Er ist wirklich einer, der richtig dran glaubt (Original: „He‘s a believer“).

Noah: Aber, schau mal: ich war bei 100 Prozent der Airborne Toxic Event-Shows. Ich war bei jeder einzelnen. (Nils lacht)

Mikel: Er (Noah) hat die Beziehung. Die Leute (Publikum) schauen sich seine Körpersprache an, wie er so spielt und ob er sich voll zum Song bekennen kann (Original: „whether he commits to the song“), und hören sich eine Menge Musik an, die er geschrieben hat. Wenn du mir zusiehst, wie ich einen Song singe, dann ist da (so eine Art von) Vertrag, der zwischen uns stattfindet, zwischen einem Musiker und einem Zuhörer ...

Nils: … und dem Publikum, ja.

Mikel: … der nichts mit dem ganzen anderen Scheiß zu tun. Und dieser Vertrag (diese Bindung) ist das Wichtige. Natürlich kannst du diesen Vertrag auch an Leute abgeben, die ihn nicht kennen und die nicht dort waren. Sie kennen diesen Austausch nicht (im Detail). Die waren nicht da.

Noah: Die Kids, die wir treffen, die kommen an, so nach dem Motto: „Eure Texte sind genau das, was passierte. Diese Texte … ich habe das genau in dieser Nacht erlebt.“ Die kommen nicht zu uns, nach dem Motto: „Eure virale Marketing-Kampagne hat mich wirklich angesprochen. Die ist echt beeindruckend, auf eine tiefe Art und Weise.“ (Mikel, Noah und Nils lachen) So läuft das auf keinen Fall. Oder hast du das mal gehört, oder was?

Mikel: Das haben wir noch nie gehört.

Noah: Ich meine, da ist vielleicht ein Kid (Fan; in dem Zusammenhang ist ein junger Erwachsener gemeint) da draußen, der dann abgeht: „Yoo, das war clever ...“ aber nicht einer nach dem nächsten, hunderte von Leuten, die behaupten würden: „Oh, das spricht mich wirklich (emotional tiefgründig) an. Was ihr da gesagt habt, spricht mich wirklich an.“ Das … ich meine, das ist es, worauf es ankommt.

Nils: Wie sind eure Erfahrungen mit einem Major Label? Es wird manchmal gesagt, Majors wären böse.

Mikel: Nein. Nein, nein. Unser Label glaubt an uns. Das haben sie bereits bewiesen. Weißt du, wahrscheinlich gibt es böse Gestalten in der Musikindustrie, mit denen andere Leute Erfahrungen gemacht haben, bei denen ich, wenn ich mir (diese Sachen) ansehen würde, ebenfalls sagen würde: „Ja, das ist wohl ziemlich böse.“ Aber mit unserem Label haben wir offensichtlich Glück gehabt; die Leute dort glauben wirklich daran, was sie tun. (Original: „people there are believers.“) Und (auch ansonsten) ist fast jeder (in der Branche) ein Idealist. (Original: „believer“) Ich meine, es kann immer mal etwas schief gehen, aber die meisten sind doch dabei, weil sie (zum Beispiel) mal irgendwann zuvor in einem Plattenladen gearbeitet haben, haben bei ihrem College-Radiosender mitgemacht oder sie waren in einer Band …

Nils: … Oder sie waren mal in einer Band, (wie ich). Ich habe mal für eine Major Company in Deutschland gearbeitet.

Mikel: Ja, (siehst du), und so etwas ist in der Regel der Grund, warum die Leute in die Musikbranche kamen und das sind Leute, die wirklich an die Sache glauben (Original: „Believers“). Und bei uns ist das ganz genau so; wir glauben an die gleichen Dinge (Original: „we want to tap into that same believe“). Ich meine, unsere Band basiert gewissermaßen auf einigen ziemlich idealistischen Grundsätzen, und die (Leute vom Label) sind darauf angesprungen (Original: „respond to that“) und finden diese Sachen gut. Die wollen … da ist sozusagen eine lange Liste von Bands und wir sind diejenigen, die sie wollen. Das wissen wir und sie erzählen und das auch regelmäßig. Nach dem Motto: „Wir glauben an euch und ihr seid diejenigen, denen wir zum Durchbruch verhelfen wollen. (Original: „you‘re the one we want to break.“) Wir wollen, dass die Welt ein Platz ist, der euch mit Wohlwollen aufnimmt.“ Das bedeutet, wir haben ein Album gemacht, das haben sie für cool befunden. Deren Input war „gute Platte“. Naja, genau genommen hieß es: „Geile Platte, wir finden die richtig cool. Wir können es kaum erwarten, sie in der Welt zu verbreiten.“

Noah: Yeah.

Mikel: Und … nochmal, möglicherweise wäre das irgendwie anders, wenn wir eine andere Band wären, aber unsere Erfahrungen soweit waren keinesfalls fürchterlich. Ich wünschte, ich könnte jetzt hier eine (voll spannende) Hammer-Story vom Stapel lassen (Original: „I wish I had a horror story to tell“), aber das ist einfach nicht der Fall. Wir hatten einige schlechte Erfahrungen, als wir unsere Sachen selbst veröffentlicht haben und wir hatten einige schlechte Erfahrungen, als wir bei einem Indie Label waren. Weißt du, egal was du tust, es wird immer Herausforderungen geben und denen musst du dich einfach stellen.

Nils: Noah, Mikel, vielen Dank an euch beide. Es war großartig mit euch.

Mikel: Danke dir, Nils.

Noah: Danke dir.

Nils: Es war klasse mit euch. Ich habe euch etwas echt deutsche Schokolade (Pralinen) und ein Bandologie-Plektrum mitgebracht; … vom Bandologie-Buch.

Mikel: Oh, wow. My god, hast du uns gerade Schokolade gegeben? Das ist das am wenigsten Rock ‘n‘ Roll-mäßige Geschenk, das ich je bekommen habe (amüsierter Tonfall).

Nils: Oh, das tut mir echt leid … (lacht)

Noah: Aber da ist ein Gitarren-Plektrum drauf. Anna (die Geigerin und Keyboarderin der Band) wird sich echt freuen.

Mikel: Ja, Anna wird sich echt darüber freuen. Schön, dich getroffen zu haben, Alter. Vielen Dank.

Noah: Ja, danke.

Nils: Danke euch. Ich wünsche euch eine gute Show (heute Abend).

Noah: Danke Leute (er meint die Kamerafrau und mich).

Mikel: Also, bleibst du noch zur Show?

Nils: Na klar, die schauen wir uns natürlich an (und das haben wir dann auch gemacht.). ;)

Vielen Dank an The Airborne Toxic Event!

Mikel Jollett - Vocals, guitar
Noah Harmon - Bass
Anna Bulbrook - Violin, keyboards
Steven Chen - Guitar, piano
Daren Taylor - Drums
Pete Galli - Management
Jake Mc Laughlin - Tour manager
Jens Ullrich - Product manager
Oliver Bergmann - Press promotion
… und Danke an die 'Entdecker-Frau'

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The Airborne Toxic Event - offizielle Webseite

Mehr Infos für Musiker auf www.bandologie.de