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Antwort auf Musiker-Frage: "Was bedeutet der Begriff 'Eigenverlag' im Musikbereich?"

Tipp: Auf dieser Seite gibt es auch Erklärungen zum Thema Musikverlag

25. März 2010
Liebe Musiker bei MySpace,

die Frage der Woche kommt in dieser Woche von Annika und lautet: "Was bedeutet der Begriff 'Eigenverlag' im Musikbereich?" http://www.myspace.com/annikajayne

Frage von Annika:

Hallo Nils,

mit großem Interesse lese ich Deine Bandologie-Newsletter und habe dadurch schon einige interessante Tipps erhalten. Soweit so gut.

Ich habe vor, demnächst mein eigenes Label zu gründen, habe mich da auch schon schlau gemacht. Jetzt taucht immer wieder das Wort Eigenverlag auf - was hat es damit auf sich? Ich habe mal das Netz durchforstet und finde zwar sehr viele Referenzen zum Wort Eigenverlag ("im Eigenverlag erschienen"), aber keiner erklärt so richtig, wie so etwas funktioniert, welchen Sinn und Zweck das Ganze hat, was dafür zu tun ist etc.

Wenn Du die Frage schon mal irgendwo beantwortet hast, reicht mir natürlich ein Link.

Danke und Gruß,
Annika



Antwort von Doc Kolonko: 

Hallo Annika,

"Eigenverlag" bedeutet im Musikgeschäft, dass du deine Verlagsrechte für dich behältst. Die Verlagsrechte sind die Nutzungsrechte an deiner Musik.

Das bedeutet konkret: Du entscheidest weiterhin, was / wer mit deiner Musik machen kann und hast keinen 'Mittelsmann' der die Musik für dich 'verdealt'. Du 'verdealst' selbst und sorgst dafür, dass die Musik verwertet wird.

Diese Nutzungsrechte (plus Persönlichkeitsrechte; also zusammen: Urheberrechte) besitzt du, sobald du ein Werk in 'wahrnehmbare Form' gebracht hast (Details dazu findest du in meinem Blog-Eintrag zum Thema 'Urheberrecht').

Per Definition übernimmt ein Verlag bei Musikern eine ähnliche Funktion wie ein Immobilien-Makler für einen Hausbesitzer ... er sucht Kunden / Verwerter. Problem: Angenommen, man hat ein tolles Haus, das sich sowieso nur durch Live-Auftritte der Band und eigene Initiative der Band über viele Jahre überhaupt gewinnbringend verkaufen lässt ... ("Element Of Crime"-Fall ... bei vielen anderen Bands ähnlich) ... ja, warum dann noch einen Makler an den Einnahmen beteiligen?

Oder anders herum: Angenommen, man hat Musik, die sich gar nicht verkaufen lässt, weil sie am Markt einfach nicht nachgefragt wird ... dann hilft auch ein Makler (Verlag) nichts.

Als Musiker musst du für deine eigene Musik nach meinem Verständnis NICHT extra einen Verlag gründen und ich persönlich würde meine Nutzungsrechte auch NICHT zu leichtfertig an einen Verlag übergeben. Du kannst ja mit deinen Rechten ja machen, was du willst.

Stellt sich also zunächst die Frage: Warum sollte man etwas an dieser tendenziell sehr komfortablen Situation ändern und seine Musik-Kompositionen von jemand anderem vertreten lassen? Da müsste schon jemand kommen, der WIRKLICH (wesentlich) mehr mit diesen Rechten anstellen kann als du selbst. ... Nach meiner Erfahrung nach können Musikverlage allerdings auch nicht zaubern und deren 'Vermittlungs- und Administrations-Arbeit' kann man mit etwas Mühe in der Regel auch selbst erledigen. (Wie so häufig: Wenige Ausnahmen bestätigen diese Regel).

Wenn also ein Musikverlag kommt und sinngemäß sagt: "Gib mir deine Musikrechte, ich kann daraus mehr machen als du selbst", dann würde ich mir erstmal ganz genau erklären lassen, was der Verlag genau(!) unternimmt, was dem Erfolg meiner Musik dient. ... Und dann würde ich natürlich noch abwägen: "... Könnte ich das auch selbst erledigen? Ist das, was mir da angeboten wird wirklich XX Prozent meiner Nutzungsrechte wert?"

Zudem würde ich immer hinterfragen: "Wird hier jemand 'nur bei durch ihn herbeigeführten Erfolg' an meinen Einnahmen beteiligt, oder versucht hier jemand 'pauschal an allen Erfolgen' teilzuhaben, egal, ob er selbst ihn verursacht hat oder jemand anderes dafür gesorgt hat?" ... Du kannst es dir denken: Ich würde mich tendenziell nur darauf einlassen, jemanden an Erfolgen zu beteiligen, die er (oder sie) herbeigeführt hat. ... Von einer 'pauschalen Beteiligung, egal, wer was macht' halte ich nichts. Ich weiß allerdings, dass gewisse Verlagsverträge so etwas vorsehen. (Pauschale, dauerhafte Rechteübergabe ... aber dabei keine Garantie auf Erfolge, die durch den Verlag herbeigeführt werden ... so etwas finde ich persönlich nicht sinnvoll. Würde mich auf so etwas nicht einlassen.)

Genau zu diesem Thema hatte ich vor einiger Zeit ein interessantes Coaching mit einer Musikmanagerin, die 'unbedingt' einen Verlagsvertrag mit einem etablierten Verlag unterschreiben wollte.

Meine Frage zu dem Thema war (immer und immer wieder): "Warum willst du diesen Vertrag unterschreiben?" ... und mein Hinweis an sie war (immer und immer wieder), dass in diesem Vertrag eigentlich nur Vorteile für den Verlag aufgezählt werden, sie die vollständigen Nutzungsrechte ihres Musikkünstlers dabei abgibt und diese dem Verlag gewissermaßen als 'Spielball' zur Verfügung stellt.

In dem Vertrag stand sinngemäß drin: "Gib uns mal deine Rechte und wir schauen dann mal, ob wir daraus Geld machen können. Wenn ja, schön. Wenn du selbst erfolgreiche Deals eintütest: noch besser für uns, denn wir verdienen ja mit, sobald du unterschrieben hast ... und sowieso: wir bemühen uns, aber wir garantieren dir gar nichts."
(Das habe ich jetzt etwas salopp und 'volksnah' formuliert; der Sinn, der daraus hervor ging war aber wirklich genau dieser.)

... Die Künstlermanagerin wollte – mir unverständlich – diesen Vertrag unterzeichnen. Das war allerdings nicht das erste Mal, dass ich die Logik eines Musikers beziehungsweise Musikmanagers nicht nachvollziehen konnte. Nach meinem Verständnis sollte man immer mit gesundem Menschenverstand – ... und notfalls auch mit einem Taschenrechner – prüfen, ob das, was man gerade vereinbaren will, Sinn ergibt.

Möglicherweise hast du sogar schon ein Label(?), dann ist 'die Wesentliche Verwertung' von Popmusik (außerhalb von Live-Auftritten) in der Regel eh schon geschehen. Die Slots für eine große Werbekampagne, ... dass ist das, womit Verlage häufig argumentieren, was sie ja alles für dich tun könnten und welche (theoretischen) Chancen es da gibt sind sehr selten und werden eh meist von etablierten Acts belegt.

Soweit also meine Sichtweise zum Thema "Soll ich für meine eigene Musik einen Vertrag mit einem Musikverlag eingehen?" und "Sollte ich einen Musikverlag gründen?". – Wenn du als Verlegerin für andere Künstler arbeiten möchtest, könnte das anders aussehen (konkret: dann solltest du natürlich 'anständigerweise' einen richtigen 'Verlag' als Firma beim Finanzamt anmelden); das soll allerdings nicht Gegenstand dieses Blog-Eintrags sein. Wenn du dazu Details wissen willst, könnte ein Bandologie-Coaching für dich interessant sein.

"Eigenverlag" bedeutet also, dass dir weiterhin 100 Prozent des Geldes zustehen, das durch die Verwertung der Musik verdient wird. Das beinhaltet auch 'das GEMA-Geld' (Tantiemen von der GEMA). Der Verteilungsplan der GEMA (Aufführungsrechte: Seite 284, § 4 // Industrietonträger, Rundfunk, Bildtonträger: Seite 324) sieht vor, dass der Verlag beispielsweise bei einer Tonträgerherstellung 40% dieser Einnahmen erhält und du (anstelle deiner 100%) dann 60%. Kurzum: Du gibst denen 40 Prozent deiner GEMA-Einnahmen als Vermittlungsgebühr (und, je nach Vertrag, erhält der Verlag auch Prozente an sonstigen Einnahmen). Details zu den genauen Prozentsätzen, siehe GEMA-Verteilungsplan beziehungsweise mögliche Zusatzvereinbarungen im konkreten Verlagsvertrag.

Schon Tim Renner kritisiert in seinem Buch "Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm" die generelle Funktion eines Verlages beziehungsweise er stellt sinngemäß die Frage: "Warum sollte ein klar denkender und geschäftlich orientierter Musiker einen Verlag benötigen?" er sagt dann, ebenfalls sinngemäß: "... die Musiker von der erfolgreichen Profi-Band Element Of Crime erledigen die Adminstration ihrer Verlagsrechte an 2 bis 3 Arbeitstagen pro Jahr und verdienen sowieso im Wesentlichen durch Live-Auftritte. In einem solchen Fall viele Prozente seiner Einnahmen für sehr lange Zeit abzugeben wäre einfach nicht sinnvoll."

Zum Thema 'Musikverlage' schreibt auch "Der Wahrheit in die Musikbusiness": http://derwahrheit.wordpress.com/2009/11/23/verlage/

Bei genauerer Betrachtung wird "ein Verlag" im Musikgeschäft zu einer leeren Floskel. Meiner Erfahrung nach definiert jeder Verleger die genaue Tätigkeit eines Verlages etwas anders. Dabei gibt es durchaus sehr ambitionierte Leute, die (wirklich) das Beste für den Musiker wollen. Es gibt allerdings wenige, die das dann auch im Sinne des Musiker erreichen.

... Ergänzend gibt es Musiklabels, die es – mehr oder minder direkt – zur Bedingung machen, dass ein Musiker ihrem angeschlossenen Verlag die Verlagsrechte übertragen 'sollte' (oder sogar muss), wenn das Label für ihn etwas veröffentlichen soll.

Und es gibt meinen Beobachtungen nach eine ganze Reihe von 'Musikverlagen', die sich einfach raue Mengen von Musikrechten sichern (kostet die, wenn sie keinen Vorschuss zahlen, ja erstmal nichts) und dann darauf hoffen, dass irgendwas davon zünden wird.

Fazit: Ein Verlag KANN (theoretisch) dafür sorgen, dass er ein Demo zu einer Mega-Veröffentlichung bringt oder eine unbekannte Band in einen riesigen Werbe-Slot rein kriegt. ... Problem: Wenn sich die Band (oder deren Manager oder deren Label oder sonstwer) den Slot oder den Deal selbst besorgt, aber ein Verlags-Deal unterzeichnet ist, dann verdient der Verlag trotzdem seinen Anteil. Kurzum: Ein Verlag KÖNNTE (wieder theoretisch) sich einfach alle möglichen (viele) Bands 'holen' und dann einfach mal abwarten; so nach dem Motto: "Mal sehen, wer auch von alleine was reißt ... wir verdienen dann ja mit ..." (das ist eine sehr böse Unterstellung ... soll aber schon vorgekommen sein ...)
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"Eigenverlag" im Buchbereich ist etwas Anderes. Über www.bod.de beispielsweise habe ich mein Bandologie-Buch veröffentlicht (Update: Seit dem Jahr 2010 verlege ich die Bandologie-Bücher selbst) … ein "Verlag" im Buchbereich ist allerdings NICHT gleichzusetzen mit einem "Verlag" im Musikbereich denn ein Buchverlag veröffentlicht.

Ein Musikverlag hingegen vermittelt in der Regel "nur". ... Und ob diese Vermittlungsarbeit entsprechend viele Prozente der GEMA-Einnahmen wert ist, das ist fraglich. Zudem fraglich ist die häufig geforderte, langjährige oder sogar lebenslange Abtretung der Rechte an den Verlag. Meiner persönlichen Meinung nach müsste man gerade in diesem Bereich Regelungen finden, die darauf abzielen, erstmal herausfinden zu können, ob der Verlag und der Komponist gemeinsam mehr Geld verdienen können als jeder für sich. Dazu wäre es sinnvoll, erstmal mit einem kurzfristigen Vertrag zu starten, worauf sich erstaunlich viele Verlage nicht einlassen. Dort wird ständig argumentiert, es ginge schließlich um eine Aufbauarbeit und dergleichen, was sicherlich richtig auch ist – auf der anderen Seite verdient ein Verlag beispielsweise bei jedem Live-Auftritt eines GEMA-Mitglieds mit, sonfern das GEMA-Mitglied (der Komponist / Texter) zeitgleich bei einem Verlag unter Vertrag ist. Bei vielen konkreten Fällen ist jedoch fragwürdig, ob das geschäftlich gerechtfertigt ist, weil ein Verlag üblicherweise keine Auftritte für einen Künstler besorgt. – Hier stellt sich dann die Frage: Sollte ein Verlag an einem Auftritt beispielsweise 4/12 (= ein Drittel) der GEMA-Tantiemen mitverdienen, obwohl er nur die Abrechnung macht, die ein Musiker auch selbst erledigen könnte?

Kurzum: Der Verlag müsste dir schon "richtig was Dickes" vermitteln, das du sonst nicht bekommen hättest können, damit sich ein Musikverlag für dich lohnt.

Auf dem Musikmarkt allerdings, kommst du mit der richtigen, – nachgefragten – Musik in der Regel sowieso überall hin, wo Geld zu holen ist ... und mit Musik, die keiner haben will, kann auch ein Verlag in der Regel KEINE richtig dicken Deals eintüten. Das wäre die absolute Ausnahme.

... Einige Musikverlage bringen zudem Notenheftchen heraus ... das ist aber eher für klassische Musiker relevant. Auch Notenheftchen, Songbooks etc. kann man als Band natürlich selbst rausbringen und direkt daran verdienen. (Ein solches Geschäft muss man natürlich dem Finanzamt entsprechend melden; Details dazu erfährt man durch Nachfrage bei seinem zuständigen, lokalen Finanzamt). Nebenbei bemerkt: Es wundert mich sehr, wie wenig Bands – nämlich fast keine – Akkord-Heftchen zum Nachspielen / -singen ihrer Songs als Ebook zum Download anbieten. Warum macht das niemand von euch? Ich habe extra eine Anleitung geschrieben, wie man auf seiner Webseite (oder Blog, Email, Facebook-Profil; irgendwo, wo man Links einbauen kann) Downloads verkaufen kann! Hier findest du diese Anleitung. Mir persönlich bringen Ebook-Verkäufe jeden Monat einiges Geld ein. Machen! :)

Ein abschließendes Statement von mir zu diesem Thema: Die Frage "brauchen wir einen Verlag?", lässt sich bei vielen Musikern, auch bei vielen Profis, mit einem klaren "Nein!" beantworten.

In diesem Sinne, bis zur nächsten Woche!

Alles Gute und beste Grüße


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